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2007
Bilder © Concorde Filmverleih
**** Death Sentence - Todesurteil
james wan


Nick Hume (Kevin Bacon) führt ein zufriedenes, geradezu vorbildliches Leben. Er hat eine schöne, aufmerksame Frau (Kelly Preston), zwei gesunde Kinder und einen gutbezahlten Bürojob. Das Einzige was ihm etwas Sorge bereitet ist der Wunsch seines ältesten Sohnes Billy, der unbedingt nach Kanada will um Profi-Eishockey zu spielen. Doch die heile Welt wird mit einem Schlag zum Alptraum als Nick und Billy auf der Heimfahrt beim Stopp an einer Tankstelle in einen Überfall geraten und Billy getötet wird. Da kein Zeuge außer Nick den Tathergang beschreiben und den Täter identifizieren kann macht man dem trauernden Vater wenig Hoffnung, dass der Schuldige für längere Zeit hinter Gitter kommt. Also beschließt Nick das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen.

Selbstjustiz ist ein beliebtes Thema für Autoren und Filmemacher, denn damit wird Aufsehen erregt, Kontroversen geschaffen und Emotionen geweckt. Die Frage was man denn tun würde, wenn ein geliebter Mensch durch die Schuld Anderer ums Leben kommt ist kaum zu beantworten, denn eine Voraussage wie stark emotional man selbst reagiert wagt man gar nicht erst zu treffen. Im Kino haben solche Rächer aber meist die Sympathien auf ihrer Seite, sofern ihnen unverschuldet ein Unrecht geschehen ist, das der Gesetzgeber nicht in aller Konsequenz verfolgt.

In der Filmgeschichte braucht man gar nicht bis zu den Charles-Bronson-Reissern ‚Death Wish' (1974) (Dt. Titel: "Ein Mann sieht rot") & Konsorten zurückgehen um zahlreiche Beispiele wie "The Punisher" (2004) mit Thomas Jane, "Die Bourne Verschwörung" (2004) mit Matt Damon, "Kill Bill - Vol 1 & Vol. 2" (2003/04) mit Uma Thurman oder "Sympathy for Mr Vengeance" (2002) mit Song Kang-ho zu finden. Die Gefahr bei solchen Filmen besteht darin, dass es entweder in platter Brutalo-Action endet oder die Mörderjagd nach Schema F abläuft ohne jegliche Rücksicht auf Realismus und/oder der Mangel an interessanten Wendungen. Auch der neue Film von James Wan, der auf dem gleichnamigen 1975 erschienenen Buch vom ‚Death Wish'-Autor Brian Garfield beruht, verfällt zum Ende dieser stumpfen Hau-drauf-Mentalität, die mit zerschossenen Unterschenkeln schockieren will, den Gorehounds ein Lächeln auf die Lippen zaubert und jeden Funken an Authentizität vermissen lässt.

Dabei beginnt Wan wirklich gut, steigert geschickt die dramatischen Sequenzen, lässt uns miterleben wie Familienglück zerfällt, ein hilfloser Vater keine Ruhe findet und keine Alternative sieht als eine direkte Konfrontation mit dem Mörder seines Sohnes zu suchen. Kevin Bacon ("Wahre Lügen", 2005) spielt dabei seinen Part ziemlich überzeugend und seine innerliche Zerrissenheit ist glaubwürdig gespielt, wenn er vor dem Haus des freigesprochenen Täters mit dem Messer in der Manteltasche auf- und abwandert. Dass sich von diesem Zeitpunkt an alles gravierend ändern wird sollte Nick eigentlich klar sein, doch er unterschätzt die Gangsterbande, die sich nicht von einem Besserverdienenden im Anzug vorführen lässt. Dass eine Aktion eine Reaktion nach sich zieht lehren uns die physikalischen Gesetze und in diesem Fall ist es der Auftakt für eine fulminante Hatz und ein brutales Spiel auf Leben und Tod.

Insbesondere die lange Verfolgungsjagd zwischen den wild um sich schiessenden Brutalogangstern und Nick, die erst durch verschiedene Straßen und dann in ein mehrere Etagen umfassendes Parkhaus führt hat eine Dynamik und Intensität wie man sie selten in letzter Zeit gesehen hat. Insbesondere die Herausforderung mehrere Minuten ohne Schnitt auszukommen und die sich schnell fortbewegenden Protagonisten in Echtzeit durch die Parkdecks zu begleiten besteht die Cameracrew von John R. Leonetti mit Bravour. Solche aufwühlenden, atemberaubenden Sequenzen, die ähnlich wie in ‚Death Proof - Todsicher' durch ihre Direktheit und den Verzicht von Spezialeffekten begeistern, würde man gerne öfters im Kino sehen.

Und auch die folgenden harten Actionszenen wie z.B. ein Kampf im trauten Heim sind sehr professionell ausgeführt und gut gefilmt. Doch als würde Wan jeden Adrenalinschub immer weiter toppen wollen verfällt er in Gestalt seines Protagonisten in die vorher besprochene Rambo-Attitude mit kurzgeschorenen Haaren und einem Sack voller schussbereiter Waffen. Dass die Glaubwürdigkeit jetzt flöten geht scheint uninteressant, aber wer nimmt das einem schon ab, dass man als unbescholtener Bürger, der sich vorher nicht mit Waffen beschäftigt hat, in Null-Komm-Nix ein paar Gangster wegpustet ? Der amerikanische Bürger als Wolf im Schafspelz ? Selbst das blutrünstige, laute, weil schusswaffenintensive Finale lockt erst spät die Polizei herbei. Die Zeit dahin nutzt Wan zur Aufführung eines Kugelballetts, das fast schon an die früheren John Woo-Filme erinnert und etwas comichaftes an sich hat.

Was bleibt also trotzt des mageren Plotinhalts ? Kevin Bacon zeigt eine weitgehend starke Performance, die dank Drehbuchvorgaben zum Ende hin - dem Wandel vom Samariter zum Killer - aber leider von Brachialgewalt überschattet wird. Bacon ist die Zugkraft des Films und er ist es auch, der die Spannung trotz allem hoch hält und den Zuschauer mitreißt. Kelly Preston ("Eulogy", 2004) als Ehefrau tritt hingegen kaum in Erscheinung, denn der Film entwickelt sich vielmehr zu einem Psychoduell mit Privatkriegcharakteristika zwischen Kevin Bacon und Garret Hedlund ("Vier Brüder", 2005), der mit durchtrainiertem, tatooüberzogenem Körper und Kahlkopf nicht nur optisch fies rüberkommt sondern auch durch sein Handeln als eiskalter Widersacher überzeugt. Aisha Tyler, bekannt aus TV-Serien wie ‚Ghost Whisperer und ‚Friends' hat da als Polizistin, die Nick schnell durchschaut, auch nicht viel zu melden. John Goodman ("Blues Brothers 2000", 1998) glänzt in einer Nebenrolle als übellauniger, schmieriger Unterwelt-Pate, der ausschließlich profitorientiert handelt und selbst seine eigenen Söhne wie Dreck behandelt.

Die letzte Konsequenz lässt ‚Death Sentence - Todesurteil' aber vermissen. Bekommt man im Laufe des Films den Eindruck als wollte Wan einen bösen, mitunter zynischen Rache-Triller drehen, so versagt er uns leider in der Schlussszene eine eindeutige Aussage, die den Film konsequent abschließen würde. Einen bitteren Nachgeschmack wollte man aber wohl dem US-Publikum nicht zumuten. Es gibt also genügend Gründe den Film nicht zu mögen, aber es fällt auch schwer sich dieser dynamischen Inszenierung zu entziehen.

‚Death Sentence - Todesurteil' ist ein packender, kompromissloser Selbstjustiz-Thriller, der als interessante, wendungsreiche Familientragödie beginnt, mit einigen kameratechnischen Raffinessen begeistert und mit Kevin Bacon einen überzeugenden Protagonisten vorweisen kann. Auch wenn die Plausibilität letztlich gegen Null geht und die stumpfen Gewaltexzesse sich zum Finale hin potenzieren, zeigt SAW-Macher James Wan, dass er spannendes Kino auch ohne ausgeklügelte Foltersequenzen erzeugen kann. ‚Death Sentence' wirkt wie ein B-Movie im schicken A-Look und ist als Wolf im Schafspelz sicher nur einer hartgesottenen Klientel zu empfehlen.


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 19.08.2007

Death Sentence - Todesurteil

(Death Sentence)

USA 2007. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 105 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 31.08.2007 (USA) 13.09.2007 (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: 9.5 Mio. USD (USA) 16.9 Mio USD (weltweit)Regie: James Wan. Romanvorlage: Brian Garfield. Screenplay: Ian Jeffers. Kamera: John R. Leonetti. Schnitt: Michael N. Knue. Musik: Charlie Clouser. Darsteller: Kevin Bacon, Garrett Hedlund, Kelly Preston, Jordan Garrett, Stuart Lafferty, Aisha Tyler, John Goodman, Leigh Whannell.
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