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2007
Bilder © Senator
**** Death Proof - Todsicher
quentin tarantino


Ein in die Jahre gekommener Stuntman (Kurt Russel) fährt in seinem Dodge durch die verschiedenen Bundesstaaten Amerikas und sucht sich geeignete weibliche Opfer aus mit denen er ein perfides Todesspiel beginnt. Dabei trifft er im Verlauf seiner Mission auf zwei verschiedene Frauengruppen und wird selbst vom Jäger zum Gejagden.

Nach dem KILL BILL-Zweiteiler, der 2003/2004 in den Kinos lief und Tarantinos Leidenschaft für den asiatischen Martial-Arts-Film und den italienischen Spaghetti-Western demonstrierte, hat sich der Kult-Regisseur diesmal wieder mit Kumpel Robert Rodriguez (Sin City) zusammengetan um den B-Movies der 60er und 70er-Jahre zu huldigen, die oftmals als Doublefeatures in sogenannten ‚Grindhouses' abgespult wurden bevor sie nach kurzer Zeit in die nächste Stadt weitergereicht wurden. Wir sprechen also von Filmen, die als meist günstig produzierte Exploitation-Movies nicht für ein Massenpublikum konzipiert waren und häufig nur lokal beworben wurden da es pro Film z.T. nicht mehr als 20 (!) Kopien überhaupt gab .

Während Tarantino sich also in ‚Death Proof' dem Slasher-Genre widmet (statt ausgewählte Haushaltswaren ist das todbringende Instrument diesmal ein Auto) nimmt sich Rodriguez in ‚Planet Terror' dem Horror - Zombies - an. In den USA lief das Ganze im April diesen Jahres wie geplant als Doublefeature mit gefakten Trailern von nicht existierenden Splatter- und Horrorfilmen zwischendrin. Von den Fans zwar geliebt war das Projekt aber kommerziell gesehen ein Flop. Die Marketing-Strategie von den Weinstein-Brüdern sieht also jetzt für den europäischen Raum zwei eigenständige Filme vor, die als erweiterte Fassungen laufen werden. ‚Death Proof' ist somit eine knappe halbe Stunde länger als die US-Version.

Die Extra-Laufzeit bietet Tarantino die Gelegenheit die Szenen noch ausgiebiger laufen zu lassen, so dass man auf viel Dialog gefasst sein muss. Dass ist bei Tarantino, dank seiner gewitzten, mit Popkultur-Referenzen gespickten Sprache in der Regel immer ein Vergnügen, nur besteht die Gefahr, dass allzu banale Gesprächsthemen mit der Zeit ihre anfängliche Faszination verlieren und genau das ist leider auch hier der Fall. Es dauert doch sehr lang, bis die Suspense-Schraube angezogen wird und wir das sehen was wir vom Schurken Kurt Russel und seinem todsicheren zum Stuntwagen umgerüsteten Dodge erwarten. Das Warten lohnt sich, denn die Crashszene ist spektakulär, sehr genau und detailreich gefilmt. Durch den Kniff, die Sequenz des schrecklichen Todesmomentes wiederholt aber personenbezogen abzuspulen wird so das Schicksal eines jeden Insassen erfasst, wenn sich das Metall zweier Wagen ineinander bohrt.

Anders als in Cronenbergs ‚Crash (1996)' geht's hier derber zu und es fliegen nach dem Aufprall abgerissene Körperteile durch die zersplitterten Frontscheiben. Nach diesem ersten Vorfall kommt es zu einem Bruch im Film - nicht nur dass inzwischen 14 Monate vergangen sind - denn mit der Einführung einer neuen Frauengruppe (darunter Rosario Dawson und die Stuntfrau Zoe Bell) nimmt sich Tarantino wieder viel Zeit mit Diskussionsrunden, alles beginnt sozusagen von vorne, und nimmt damit die sich vorher aufgestaute Emotionalität wieder komplett raus, zieht die Notbremse. Denn nach einem kurzen Intermezzo dauert es eine Weile bis unser Killer - Stuntfahrer Mike - seine Fähigkeiten zum fulminanten und langersehnten Finish beisteuert.

‚Death Proof' ist gespickt mit Referenzen an Popkultur und diverse Filme, deren Titel die meisten wohl vorher noch nie gehört haben. Mag die Serie ‚Vegas' mit Hauptdarsteller Robert Urich, die drei Seasons Ende der 70er in den USA lief, noch einigen TV-Guckern durch auch heute noch laufende Wiederholungen bekannt sein, so sind Filme wie ‚Fluchtpunkt San Francisco (1971)' und ‚Die Blechpiraten (1974)' eher unbekannt. Doch Tarantino zitiert mit Genuss seine Lieblingsfilme, was sich auch durch die liebevolle Ausstattung einer Kneipe zeigt wo sich die Mädels zum Schwatzen und Trinken treffen. Im Hintergrund hängt eine Vielzahl (u.a. italienischer) Kinoplakate von Filmen der 60er- und 70er diversen Genres.

Man kann also viel entdecken in ‚Death Proof' und sich am Zeitkultur-Clash erfreuen, wenn einerseits der Look diverser Etablissements und auch die Mode damaliger Zeit vorgeführt wird und im Gegensatz einem die moderne Technik inklusive SMS-Manie und windschnittigen Automobilen ins Gesicht springt. Sind Tarantinos Referenzen an fremde, liebgewonnene Filme nicht genug so finden sich auch familiäre Elemente und Personen aus Tarantinos eigenen Werken wieder. Da gibt es Klingeltöne vom Kill-Bill-Soundtrack, Aufkleber vom Pussywagon, und es wird dem Fußfetischismus Raum gegeben. In ‚Pulp Fiction (1994)' sprechen die Killer vor der Arbeit noch von sinnlichen Fußmassagen, in ‚Jackie Brown (1997)' wie in ‚Death Proof' sind Close-Ups von nackten Zehen weiblicher Protagonisten nicht von Seltenheit ergänzt von Hintern in knappen, engen Jeans - und inklusive Lapdance von Ex-CSI Vanessa Ferlito.

Eine weitere optische Referenzen ist eine clever gesetzte s/w-Sequenz, die an ‚Kill Bill' erinnert und die zweite lang andauernde, ohne Schnitt gezeigte Frauen-Tratsch-Runde mit ständig hin- und herkreisender Kamera ist das Gegenstück zur Männer-Runde in Tarantinos Regiedebut ‚Reservoir Dogs (1992)'. Ausserdem gibt's noch ein Wiedersehen mit Texas Ranger Earl McGraw (Michael Parks) samt Sohn und erstmalig - seiner Tochter. Parks ist mit seinen Auftritten in ‚From Dusk Till Dawn (1995)', ‚Kill Bill (2003/04)' und jetzt ‚Death Proof' damit fast schon zur Kultfigur à la Jay & Silent Bob geworden, die ja neben ‚den ‚Clerks'-Filmen auch schon als dieselben Charaktere in anderen Filmen aufgetreten sind.

Doch Männer sind hier sowieso in der Minderheit und übernehmen letztendlich die Rolle als schwächeres Geschlecht. Die Frauen dominieren nicht nur mit der Präsenz auf der Leinwand und der zeitlichen Länge ihrer Auftritte das Geschehen sondern sie sind es am Ende, die wie in Russ Meyers Trashklassiker ‚Faster Pussycat! Kill! Kill! (1965)' ihre Gewalttätigkeit ausleben. Sympathien, insbesondere bei der beeindruckend in Szene gesetzten Autoverfolgungsjagd, liegen aber eindeutig bei den starken Frauen, die eindrucksvoll zeigen, dass sie sich nicht nur über Sex, Männer, TV-Serien und Autos verbal austauschen sondern auch praktisch zupacken können.

Bei der ohne CGI-Tricks inszenierten Verfolgungsjagd mit den Klassiker-Autos ‚Dodge Charger' - Stuntman Mikes Wagen - und einem weißen ‚Dodge Challenger' (dem Modell aus ‚Fluchtpunkt San Francisco') sollte auch der letzte Zuschauer seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Leinwand widmen um die Dynamik dieser Sequenz zu spüren. Man fühlt sich geradezu in die guten alten Zeiten von ‚French Connection (1971)' und ‚Bullit (1968)' zurückversetzt, die u.a. durch Verfolgungsjagden glänzten, die auch heute noch zu den besten überhaupt gehören.

Dabei bleibt Tarantino, der diesmal auch selber die Kamera führte, immer hautnah dran am Geschehen und lässt seine Darsteller Kurt Russel und Tracie Thoms viele der riskanten Fahrmanöver selbst ausführen, so dass wir uns nicht mit aufbereiteten bluescreen-Aufnahmen abgeben müssen. Besonders erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist die Stuntfrau Zoe Bell, die bereits bei ‚Kill Bill' als Double von Uma Thurman mit Tarantino gearbeitet hat und diesmal auch als Schauspielerin vor der Kamera agiert. Diese Besetzung kommt nicht von ungefähr, denn wen sonst aus der Darstellerriege hätte man bei schneller Geschwindigkeit auf die Motorhaube schnallen können während der Wagen diversen Hindernissen und Attacken ausweichen muss.

Neben der realitätsbezogenen Actionsequenz war Authentizität auch Tarantinos Vorgabe beim wieder-aufleben-lassen vom ‚Grindhouse'-Feeling mit seinen zerkratzen Filmkopien, Tonaussetzern und Brüchen im Handlungsablauf durch gerissenes und wieder geklebtes Filmmaterial - all diese Elemente finden sich (vorwiegend in der ersten Filmhälfte) wieder in dieser gelungen Hommage an die B-Movies früherer Tage. Schade nur, dass das Double-Feature-Konzept mit den gefakten Trailern nur in den USA durchgeführt wurde. D.h., die Trailer von Rob Zombie, Edgar Wright und Eli Roth (hat zudem eine kleine Rolle in ‚Death Proof') , die Dank der Aneinanderreihung von Gewaltszenen selbst der Zensurbehörde in den USA Kopfzerbrechen bereitete, werden wir - im Kino jedenfalls - nicht im Begleitprogramm von ‚Death Proof' oder ‚Planet Terror' finden.

‚Death Proof', Quentin Tarantinos Hommage an die B-Movies seiner Jugend, handelt von einen Stuntfahrer, der mit seinem Dodge junge Frauen aufs Korn nimmt und dabei unerwartet auf Gegenwehr stößt . Leider gibt sich Tarantino anfangs etwas zu selbstverliebt und langatmig und überschüttet den Zuschauer mit trivialen und referenzbeladenen Dialogen, die etwas kürzer und prägnanter gefasst wohl besser wirken würden. Nach der eigenwilligen Eingewöhnungsphase und dem ersten Frontalcrash bis hin zur spektakulären Autoverfolgungsjagd legt ‚Death Proof' aber wieder zu und ist im Ganzen - auch wieder Dank cooler Musikauswahl - doch recht gut gelungen.

ERGÄNZUNG [20.07.07]: Wie zu erfahren war sind die Unterschiede zur US-Fassung nicht in erweiterten Dialogszenen zu finden, sondern es wurden z.B. die komplette 'Lap-Dance'-Szene und die s/w-Szene neu für die europäische Auswertung eingefügt.
Text © Markus Klingbeil
VÖ: 19.07.2007

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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