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2012

Bilder © Movienet
**** Tango libre
frédéric fonteyne


Gefängniswärter Jean-Christophe, den alle nur JC nennen, ist ein schüchterner Bursche, der alleine lebt und kaum soziale Kontakte außerhalb der Arbeit pflegt. Bei der wöchentlichen Tangostunde lernt er eine Frau kennen, die ihm gefällt. Leider sitzt deren Ehemann ausgerechnet in seinem Knast.

Am Anfang steht der missglückte Überfall auf einen Geldtransporter. Ein Sicherheitsbeamter stirbt bei dem Schusswechsel, die beiden Täter werden später von der Polizei geschnappt. Stylisch, mit einer Zeitlupensequenz, beginnt die Geschichte schaltet aber danach erst einmal einen Gang zurück. Wir werden die beiden Kriminellen wiedersehen, denn sie finden sich in der Strafvollzugsanstalt ein in der JC seinen Dienst schiebt. Womit wir bei der Hauptperson dieses unterhaltsamen Dramas mit Komödieneinschlag wären. Der belgische Darsteller Francois Damiens hat schon in einigen französischen Filmen in Nebenrollen geglänzt (z.B. Der Auftragslover, Nichts zu verzollen) und hier zeigt er, dass er zu weit mehr fähig ist. Er spielt einen Mann ohne Freunde und wenig Freude im Leben. Sein Leben als Knastwärter ist in der Regel ereignislos, blanke Routine so wie auch das Freizeitleben. Da gönnt er sich nur die wöchentliche Tangostunde, die aber was Frauenbekanntschaften betrifft keine Fortschritte bringt …. bis auf einmal Alice auftaucht (Anne Paulicevich, Ehefrau des Regisseurs, in ihrer ersten großen Rolle; hat auch das Drehbuch geschrieben)

Was wird JC tun ? Wird er sich trauen etwas im Leben zu riskieren ? Aber der Nackenschlag folgt sogleich, denn Alice sieht er in seinem Knast wieder als sie nicht einen, nein gleich zwei Männer, Fernand (Sergi López, Die Affäre) und Dominic (Jan Hammenecker, Max et Bobo), besucht und sehr vertraut mit ihnen umgeht. Man mag dem armen JC jetzt raten, lass' die Finger von der Braut aber irgendein Schalter ist bei dem als Langeweiler-Typ zu beschreibenden JC umgelegt worden und das Spiel mit dem Feuer plötzlich eine reizvolle Alternative zur Monotonie des Alltags. Eine skurrile menage à quatre bahnt sich an und man darf rätseln was Alice mit den beiden Knastbrüdern, zwei Freunden, eben jene Burschen, die wir anfangs beim Geldtransporterüberfall gesehen haben, so innig verbindet. Und dann ist ja noch der 15-jährige Sohn von Alice im Spiel, der argwöhnisch auf JC, den dritten Mann in Mutters Nähe, reagiert. Denn JC tastet sich immer näher an die Frau seines Begehrens heran. Die gemeinsamen Tango-Stunden verheimlicht Alice ihren Männern allerdings nicht. Die folgende Eifersucht von Fernand hat schließlich eine überraschende Konsequenz … eines nachmittags gibt ein argentinischer Knastbruder Tanzstunden hinter Gittern. Imponiergehabe mal anders.

„Tango libre“ ist ein charmanter Film, der sich mit fortlaufender Spielzeit immer mehr von einem realistischen Szenario entfernt und quasi mit dem Schlussbild seine Wandlung zum Gaunermärchen vollendet. Seine Figuren und ihre inneren Konflikte sind nicht immer nachvollziehbar was aber andererseits seinen Reiz ausmacht und die Unberechenbarkeit des menschlichen Wesens unterstreicht. Bei so einer interessanten Besetzung die Regisseur Frédéric Fonteyne (Eine pornographische Beziehung) für seinen vierten Spielfilm in 14 Jahren hier zusammengestellt hat mag man auch gar nicht über etwaige Drehbuchschwächen streiten sondern sich lieber mitziehen lassen ins wahnsinnige Abenteuer von JC, der alles aufs Spiel setzt. Gedreht wurde übrigens in einem echten Gefängnis in Polen.

Eine schöne kleine Geschichte mit Herz, die gut unterhält und mit einem klasse Hauptdarsteller punktet.

Text © Markus Klingbeil
20.06.2013

Tango libre

F/Be/Lux 2012. Farbe. Originalsprache: Französisch. Länge: 98 min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 07.11.2012 (Be) 13.06.2013 (D). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Ric Roman Waugh. Scenario: Anne Paulicevich Adaption, Dialoge: Anne Paulicevich, Philippe Blasband. Kamera: Virginie Saint Martin. Schnitt: Ewin Ryckaert . Musik: Antonio Pinto. Darsteller: François Damiens , Anne Paulicevich, Sergi López, Jan Hammenecker, Zacharie Chasseriaud, Mariano "Chicho" Frumboli.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih