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2006
Bilder © Splendid/I-ON
** Descent
talia lugacy


Maya (Rosario Dawson) zieht von Boston nach New York um dort zu studieren. Als sie Jared (Chaud Faust) auf einer Party kennenlernt will sie ihn zunächst abwimmeln lässt sich aber von seinen Worten einlullen. Ein Dinner später sagt sie aber im entscheidenden Moment nein was Jared nicht davon abhält sie zu vergewaltigen. Monate später trifft Maya wieder auf ihn.

Rosario Dawson ist eine Schauspielerin, die sich sowohl im Independentfilm als auch im Hollywoodblockbuster wohl fühlt. Aufmerksam wurde man auf die New Yorkerin als sie mit 16 Jahren in dem kontroversen Larry-Clark-Film "Kids" (1995) zu sehen war. 2002 übernahm sie eine Rolle im Sequel von "Men in Black", 2004 überzeugte sie an der Seite von Colin Farrell in Oliver Stones "Alexander". Zwischen "Clerks II" und "Death Proof - Todsicher" produzierte sie mit ihrer eigenen Firma den Film "Decent", bei dem sie von einer Vielzahl zusätzlicher Finanzpartner unterstützt wurde.

Dawson vertraut sich dabei der Regie von Talia Lugacy an, die hiermit ihr Langfilmdebut gibt. Die beiden Frauen kennen sich schon seit Teenagerzeiten, haben bereits diverse Kurzfilme zusammen gemacht und eine Produktionsfirma gegründet. Ein schwieriges Thema wählte Lugacy hier aus, schrieb zusammen mit ihrem Cousin Brian Priest auch das Drehbuch. Das Resultat dieses knapp vier Jahre andauernden Arbeitsprozesses bis zum fertigen Film, der 2007 u.a. auf dem Tribeca Filmfestival gezeigt wurde, fällt allerdings ernüchternd aus.

Nachdem die Einführung der von Dawson gespielten Hauptfigur gut gelingt und ihre Eingewöhnungsphase am College beschrieben macht man bald Bekanntschaft mit Jared (bekannt aus der TV-Serie "The 4400"), einem aalglatt wirkenden Möchtegernfootballstar. Sympathisch wirkt er nicht, doch die noch nicht in ihrem neuen sozialen Umfeld verankerte Maya lässt sich nach einigem Zögern doch auf ihn ein. Misstrauisch ist sie merkwürdigerweise nicht auch wenn sie sich noch nicht von einer früheren gescheiterten Beziehung erholt hat.

Als dramaturgisch unausgereift kann man die folgenden zwei Drittel des Films nur bezeichnen, denn anstatt genauer auf die psychische Verfassung von Maya nach der Vergewaltigung einzugehen (von einer Anzeige bei der Polizei ist nie die Rede und auch sonstige Maßnahmen zur Verarbeitung der Geschehnisse werden ausgespart) verliert sich die Geschichte in inhaltlich diffusen, aber optisch sehr gestylten Bildern von Mayas Odyssee in Underground Clubs, wo sie zum Anhängsel des bisexuellen DJs Adrian (gespielt vom Soap-TV-Darsteller Marcus Patrick) wird.

Die totale Umwandlung ihrer vorher diskussionsfreudigen Art zu einem fast teilnahmslosen, emotional kaltem Verhalten wirkt zu abrupt. Verschwenderisch geht die Regisserin dafür mit der Zeit für einen zu langatmigen, informationsarmen Mittelteil um und bremst dieses Drama damit fast völlig aus (was macht Jared ?). Auch ein sehr düsteres und verstörendes Finale kann den Film vor dem Scheitern nicht mehr retten. Letztlich mutiert Lugacys Regiedebut zum Rachestück einer innerlich gestorbenen Frau und erinnert inhaltlich und in ihrer inszenatorischen Konsequenz in den letzten Minuten an deutlich überlegene Beiträge wie "Irreversible" und "Hard Candy".

Sowohl Mann und Frau sind hier Opfer und schenken sich bei ihrem unmenschlichen Verhalten nichts. Das ist keine neue Erkenntnis, haben sich schon in vielen Filmen zuvor (Mainstream als auch Exploitation) Opfer auf das Niveau der Täter herabgelassen. Auge um Auge - Zahn um Zahn lautet die Devise. So provokativ ist Lugacys Film dann wieder auch nicht, auch wenn sie der "Norm", dass Gewaltakte im Film vorwiegend von Männern ausgeführt werden, entgegensteuert.

Lugacy zeigt die drastischen Szenen nur so ausführlich wie nötig und füttert damit den Intellekt des Zuschauers, wo sich die individuelle Schockwirkung entfaltet. Der amerikanischen Zensurbehörde war das wohl schon zu viel und so konnten Jugendliche unter 17 Jahren selbst in Begleitung einer volljährigen Personen den Film nicht sehen (NC-17). Rosario Dawson, noch freizügig in "Alexander", überlässt es hier ihrem Darstellerkollegen Chad Faust nicht nur emotional blank zu ziehen.

DVD (Splendid/ I-ON, PAL, 100 min)

Der Film wird mit gutem Bild (selbst bei den dunklen Szenen) im anamorphen Format (1.1.85) in seiner ungeschnittenen Fassung gezeigt. Beim reichhaltigen, inhaltlich interessant zusammengestellten Bonusmaterial kommt dies neben vielen anderen Aspekten zur Entstehung des Filmprojektes auch zur Sprache. Beim Ton stehen die englische Originalfassung als auch die deutsche Synchronisation zur Auswahl (jew. DD5.1, frontlastig). Untertitel sind nur auf deutsch vorhanden. Als Vertiefungslektüre bietet sich an: der Audiokommentar mit Regisseurin und Hauptdarstellerin, mehrere entfallene Szenen, ein Q& A nach einer Filmvorführung, ein Promo-Interview mit Dawson und Behind-the-Scences-Material. Außerdem gibt es noch den Trailer zum Film und für weitere Produkte aus dem Sortiment von Splendid / I-ON.

Ein inhaltlich herausforderndes Thema packt Talia Lugacy in ihrem Langfilmdebut an. Kompromisslos gedacht und phasenweise auch inszeniert, wirkt dieser Independentfilm in der Charakterisierung seiner Protagonistin aber zu oberflächlich und leidet an einer schwachen dramaturgischen Umsetzung, die es nicht vermag ein emotional packendes Drama zu liefern.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 30.08.2009

Descent

USA 2006. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 100 Min. (DVD) Bildverhältnis: 1:1.85 Kinostart: 26.04.2007 (Tribeca Filmfestival). Budget: - Einspiel: - Regie: Talia Lugacy. Screenplay: Talia Lugacy, Brian Priest. Kamera: Jonathan Furmanski, Christopher LaVasseur. Schnitt: Frank Reynolds. Musik: Alex Moulton. Darsteller: Rosario Dawson, Chad Faust, Marcus Patrick, Vanessa Ferlito (cameo), Jonathan Neil Schneider,

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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih