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1974
Bilder © MGM
**** Truck Turner
jonathan kaplan


Ehemals bewunderter Profisportler im American Football arbeitet Truck Turner (Isaac Hayes) mittlerweile mit Partner Jerry (Alan Weeks) als Kopfgeldjäger für ein Kautionsbüro. Als der letzte Auftrag allerdings nicht ganz so endet wie geplant haben die beiden eine Horde Killer auf dem Hals.

2008, nur wenige Tage vor seinem 66. Geburtstag, verstarb der schwarze Soulmusiker Isaac Hayes. In seiner Karriere wurde er nicht nur mehrfach mit dem Musikpreis Grammy ausgezeichnet sondern er war auch der erste afroamerikanische Musiker, der einen Oscar für den besten Filmsong bekam. "Shaft" (1971) gilt nicht nur neben "Sweet Sweetback's Baadasssss Song" als Wegbereiter des schwarzen Actionfilms, bald auch unter dem Begriff "Blaxploitation" vermarktet, sondern begeistert mit seinem Titelsong auch heute noch mit einer der coolsten Melodien überhaupt. 1974 startete Hayes auch im Kino als Schauspieler mit gleich zwei Filmen durch.

Einer davon war der italienische Actionfilm "Tough Guys" von Ducci Tessari (Eine Pistole für Ringo) an der Seite von Blaxploitationlegende Fred Williamson (Hammer) sowie Lino Ventura (Der Clan der Sizilianer). Im anderen Film "Truck Turner" verkörpert er die Hauptattraktion und überzeugt als lässiger Titelhelden mit Härte, coolen Sprüchen und Spitzbubencharme. Inhaltlich wird hier wie bei vergleichbaren Filmen dieser nur wenige Jahre andauernden Blaxploitation-Filmära Schonkost geboten, dafür mit unterhaltsamen Actionszenen (Schiessereien, Schlägerei, Verfolgungsjagden zu Fuß und mit dem Auto, etc.), überzeichneten Charakteren und politisch unkorrektem Verhalten dem Genre Tribut gezollt.

Die Darstellerriege wird von afroamerikanischen Schauspielern dominiert (der weiße Polizist ist Stichwortgeber), die sowohl lässige Good-Guy und Bad-Ass-Schablonen bedienen. Die eigentliche Auseinandersetzung zwischen Truck Turner und seinen Widersachern findet allerdings erst in der zweiten Filmhälfte statt. Die ersten 45 nicht weniger unterhaltenden Minuten nutzt Regisseur Jonathan Kaplan, zuletzt 1999 (!) mit seinem Drama "Brokedown Palace" im Kino, um uns mit den Umfeld Turners vertraut zu machen. Das hat den Nachteil, dass Yaphet Kotto, der ein Jahr zuvor als Bond-Gegenspieler in "Leben und sterben lassen" glänzte, zu spät aktiv ins Geschehen eingreift. Kotto hatte zuvor schon seine schauspielerische Qualität in Larry Cohens "Bone" (1972) und in Barry Shears Polizeikrimi "Across 110th Street" (1972) unter Beweis gestellt.

Bis Kotto also endlich ernst macht spielt sich Nichelle Nichols (wurde in den 60ern als Uhura in der Serie "Star Trek" bekannt) mit einem erinnerungswürdigen Auftritt als rachedurstige, mit losem Mundwerk ausgestattete Bordellchefin Dorinda in den Vordergrund und lehrt mit ihrem Durchsetzungswillen selbst der Gangsterkonkurrenz das Fürchten. Diese Burschen würden nur zu gerne Dorindas Etablissement voller High-Class-Prostituierten übernehmen. Zunehmend gewalttätiger wird es dann auch je länger der Film läuft und wie bei "Coffy - Die Raubkatze" dreht auch hier die Kamera nicht weg, wenn sich selbst überschätzende Auftragskiller und der kaltschnäuzige Kopfgeldjäger Argumente mit den Schusswaffen ausdiskutieren. Insbesondere das wuchtige Finale im Krankenhaus erinnert etwas an die später entstandenen John-Woo-Filme der 80er-Jahre.

Ebenso fällt auf wie geschickt die Figur des Truck Turner als integrer Charakter aufgebaut wird. Insbesondere durch seinen humorvollen Umgang mit Partner Jerry sowie der Fürsorge für seine kleptomanische Freundin Annie (Annazette Chase, The Mack) zeigt er eine warme, sympathische Seite, so dass man ihm seinen Superhelden-Selbstjustizgang in Dirty-Harry-Manier leichter nachsieht. Den Bösewichtern sind da - wenig überraschend - keine weiteren Facetten gestattet. Sie sind machtgierig, geldgeil und lösen Probleme mit der Kugel. Um inhaltlich soweit zu kommen lies das für seine gering budgetierten Streifen bekannte Independentstudio American International Pictures gleich vier Autoren am Drehbuch tüfteln. Geschadet hat es jedenfalls nicht.

Am Schnittpult sitzt übrigens Michael Kahn, der damals auch an den Genrefilmen "Black Belt Jones" und "Trouble Man" arbeitete und später der Stammcutter von Steven Spielberg wurde.

DVD (MGM, UK, Code 2)

Die britische DVD präsentiert den Film im anamorphen 1.85:1-Bildformat. Die Qualität ist zufriedenstellend auch wenn Bild und Ton nicht immer ganz sauber sind. Insbesondere der deutsche Ton (Mono) ist arg dumpf, abgesehen davon, dass die Synchronisation schon nach fünf Minuten nervt und man doch lieber den O-Ton wählt. Der englische Ton ist im Vergleich zur deutschen und französischen Synchro zudem in Dolby Surround. Untertitel liegen auf französisch und holländisch vor sowie auf englisch und deutsch für schwerhörige Zuschauer. Als einziges Extra gibt es den sehr unterhaltsamen geschnittenen und besprochenen Trailer zum Film - ebenfalls anamorph codiert. Da die DVD schon 2004 auf den Markt kam ist es um so bedauerlicher, dass man Hayes und Kaplan nicht zum Interview oder Audiokommentar gebeten hat.

Als Actionheld liefert Isaac Hayes eine coole Vorstellung ab und macht die Durchschnittsgeschichte durch seine physische Präsenz und lässige Art zum unterhaltsamen Zeitvertreib. Weiterer Pluspunkt ist der klasse Soundtrack, komponiert und eingespielt von Isaac Hayes selbst. Sehenswert für Fans des Blaxploitationkinos.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 18.07.2010

Truck Turner

(aka Chicago Poker)

USA 1974. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 90 Min. Bildverhältnis: 1.85:1 Kinostart: 19.04.1974 (USA) 27.06.1975 (D). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Jonathan Kaplan. Story: Jerry Wilkes. Buch: Michael Allin, Leigh Chapman, Oscar Williams. Kamera: Charles F. Wheeler. Schnitt: Michael Kahn. Musik: Isaac Hayes. Darsteller: Isaac Hayes, Yaphet Kotto, Alan Weeks, Annazette Chase, Nichelle Nichols, Sam Laws, Dick Miller, Scatman Crothers, John Kramer, Paul Harris.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih