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2010
Bilder © Sony
**** The Social Network
david fincher


Ende 2003. Der 19-jährige Harvard-Student Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg) ist ein intelligenter Programmierfreak, der auch gerne mal im Intranet der Universität hackt, wenn er eine Idee verwirklichen will, und in Kauf nimmt als Folge seiner Aktion den Server in die Knie zu zwingen. Da ihm Anerkennung fehlt, der Zugang in elitäre Studentenverbindungen am Campus verwehrt bleibt und er mit den Frauen kein Glück hat nutzt er seine Fähigkeiten um sich auf andere Art und Weise ins Rampenlicht zu katapultieren. Er stellt eine kostenlose Kommunikationsplattform namens "The Facebook" ins Netz.

Wer sich heutzutage durch Internetseiten klickt, seien es die Onlineableger von Zeitungen, Magazinen oder Blogs der findet bei den Artikeln oft kleine Buttons vor die auf diverse soziale Netzwerke hinweisen um es dem User leichter zu machen gerade gelesenes schnell und einfach weiterzuempfehlen. Das größte Netzwerk mit 500 Millionen angemeldeten Nutzern ist Facebook, ursprünglich nur für Harvard-Studenten gedacht aber in den letzten Jahren zum weltweiten Internetphänomen geworden (hat z.B. MySpace in der Beliebtheit längst abgehängt). Das 2004 online gestellte Portal bietet den Nutzern die Möglichkeit Bilder und Videos hochzuladen, Texte zu verfassen und diverse Applikationen gemeinsam mit Freunden zu nutzen. Wie es dazu kam, damit befasst sich der neue Film von "Fight Club"-Regisseur David Fincher.

Vor zwei Jahren wurde dem Romanautor Ben Mezrich ein Treffen mit Eduardo Saverin vermittelt, einem enttäuschten jungen Mann, der sich als Mitgründer von Facebook vorstellte und in mehreren Gesprächen Auskunft darüber gab warum es zum Bruch mit seinem früheren Freund Mark Zuckerberg kam und er ihn auf eine Millionensumme verklagte. Mezrich bastelte sich daraus eine spekulative Geschichte und konnte die Filmrechte an diesem Stoff noch vor Buchveröffentlichung verkaufen. "West-Wing"-Erfinder Aaron Sorkin machte sich sogleich an die Arbeit und verfasste Anfang 2009 das Drehbuch, das David Fincher ein halbes Jahr später mit einer illustren Schar an jungen Darstellern zu verfilmen begann. Zuckerberg selbst, mittlerweile 26 Jahre alt, hat es übrigens abgelehnt den Film in irgendeiner Form zu unterstützen daher mussten sich die Filmemacher vorwiegend auf Mezrichs Gesprächsprotokolle mit Saverin, die Schriften der gerichtlichen Auseinandersetzungen und andere Quellen verlassen. Den Rest erledigte der schreibgewandte, ideenreiche Sorkin.

Der fast fertige Film wurde dann hochrangigen Facebook-Verantwortlichen zugänglich gemacht und erwartungsgemäß als "Fiktion" abgekanzelt. Eine verständliche Reaktion kommt doch Wunderknabe Zuckerberg nicht gerade als sympathisches Schwiegersöhnchen rüber. Schon die Eingangssequenz, ein sehr schnelles, wortreiches Rededuell (Perfektionist Fincher drehte die Szene 99 mal) zwischen Zuckerberg und seiner Freundin Erica (Rooney Mara, demnächst im Remake von "Verblendung" zu sehen) zeigt einen überheblichen, rational denkenden jungen Mann, der wie selbstverständlich Gemeinheiten in eloquent formulierte nicht enden wollende Sätze packt und dabei jedes Taktgefühl vermissen lässt. Auch wenn seine Partnerin in diesen Minuten viele Gelegenheiten offen hält damit er seine verbalen Fehltritte korrigieren kann. Aber er beharrt auf seiner Sicht und erwartet stattdessen, dass sie seiner Meinung zustimmt. Das Ende vom Lied singt er allerdings alleine, schreibt nächtens mit Alkohol im Blut einen Schmähtext in seinen Internetblog und erstellt in nur wenigen Stunden eine Webseite, auf der man alle Studentinnen von Harvard nur aufgrund ihrer Attraktivität beurteilen kann.

Fincher erzählt seine Geschichte nicht chronologisch sondern regt den Zuschauer zum Mitdenken an, springt im Zeitraum Ende 2003 bis Mitte 2005 hin und her um die abweichenden Versionen der Entstehung und Entwicklung dieses Multimillionendollarunternehmens zu präsentieren. Zwischen den Anwälten sitzen in diesen eingeflochtenen Szenen neben Zuckerberg, dem Beklagten, auch die Kläger Eduardo Saverin, in den Anfängen ihrer gemeinsamen Unternehmung noch der Kapitalgeber, und die Zwillingsbrüder Winklevoss (erstaunlich: Armie Hammer in einer Doppelrolle), aus reichem Hause stammende Harvard-Elite mit Sporthintergrund, die Zuckerberg Ideenklau vorwerfen und ihrerseits einen Millionbetrag fordern. Eisenberg (bekannt aus "Zombieland") spielt seine Figur in diesen Szenen fast gelangweilt, desinteressiert was ihn arrogant erscheinen lässt. Geld bedeutet ihm wenig. Im Gegensatz dazu wirkt Andrew Garfield (der neue "Spider-Man) in der Rolle des Eduardo Saverin wie ein allzu gutgläubiger, sympathischer Junge, der zu spät erkannt hat, dass seine Vorstellungen in welche Richtung sich ihre gemeinsame Firma entwickeln soll nicht konform sind mit denen Zuckerbergs.

Der Auftritt von Napster-Erfinder Sean Parker (gespielt von Musikstar Justin Timberlake) als das Leben genießender und Zuckerberg stark beeinflussender Unternehmer ist dann quasi der Sargnagel auf die angespannte Freundschaftsbeziehung. Inhaltlich beschäftigt sich der Film also mit vertrauten Themen, die im Zusammenhang mit dem beliebten Medienthema Facebook aber publikumswirksamer ausgeschlachtet werden können. Denn nicht zuletzt deswegen ist dieses für viele Menschen mittlerweile unverzichtbare Kommunikationsportal immer wieder im Gespräch, wenn es um die Bewertung von Privatsphäre und den Datenschutz geht. Im eigenen Facebook-Profil hält sich Zuckerberg mittlerweile mit der Preisgabe persönlicher Informationen - wozu er seine User ermuntert - zurück. Eine Freundschaftsanfrage kann man ihm nicht übermitteln gilt er doch als öffentliche Person, die einem "gefallen" kann. Wie bei seiner Schwester Randi, die im Marketingteam arbeitet, dient Zuckerbergs Account fast ausschließlich der Übermittlung von Facebook-News. Oder zusätzlich wie gerade geschehen die medienwirksame Ankündigung über eine 100-Millionen-Dollar-Spende für das Schulsystem in Newark (im TV bei US-Talkshowlegende Oprah Winfrey zu sehen).

Das liest sich besser als verärgerten Usern Erklärungen über das temporäre Abschalten des Facebook-Netzwerkes zu übermitteln. Besonders dann, wenn diese Tage auch noch ein Film veröffentlicht wird, der den Chef nicht im besten Licht zeigt. Zwei Bücher sind zuletzt veröffentlich worden, die sich um Mark Zuckerberg und seine Erfolgsgeschichte kümmern (lt. Forbes-Magazin 09/2010 wird sein Vermögen auf 6.9 Mrd. USD geschätzt was ihm Platz #35 auf der Liste der Superreichen einbringt). Im Juli 2009 erschien zunächst Ben Mezrichs Buch "The Accidental Billionaires", im Juni 2010 dann David Kirkpatricks "The Facebook Effect". Kirkpatrick hatte im Gegensatz zu Mezrich vollste Unterstützung bei der Recherche - vom Facebook-Hauptanteilseigner Mark Zuckerberg höchstpersönlich. Ein Angebot am Film mitzuwirken schlug Kirkpatrick deshalb aus. Von den sechs Mitstreitern Zuckerbergs, die in den Anfängen von Facebook (damals noch mit "The" vorangestellt) ihre Fähigkeiten einbrachten sind aus unterschiedlichen Gründen übrigens keine mehr aktiv am Tagesgeschäft beteiligt, profitieren aber z.T. noch durch ihre Geschäftsanteile.

Eine Dokumentation ist es nicht, also darf man den Wahrheitsgehalt nicht überbewerten. Als Biopic sind zwei Jahre Lebenszeit arg wenig. Der Film des Jahres ist es auch nicht. Dafür wird inhaltlich nichts wirklich neues geboten. Aber dank der pointierten Dialoge von Drehbuchautor Sorkin, zwei klasse Hauptdarstellern (Eisenberg, Garfield) und einer souveränen Inszenierung von Fincher trifft dieser Film den Zeitgeist und ist in diesem Sinne auch reizvolle Unterhaltung. Fincher wusste schon genau warum er den Film so schnell wie möglich realisieren wollte.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 25.09.2010

The Social Network

USA 2010. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 119 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 01.10.2010 (USA) 07.10.2010 (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buchvorlage: Ben Mezrich. Screenplay: Aaron Sorkin. Kamera: Jeff Cronenweth. Schnitt: Kirk Baxter, Angus Wall. Musik: Trent Reznor, Atticus Ross. Darsteller: Jesse Eisenberg, Andrew Garfield, Rooney Mara, Joseph Mazzello, Patrick Mapel, Max Minghella, Justin Timberlake, Wallace Langham.

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