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2009
Bilder © Kinowelt
*** Red Riding 1974
julian jarrold


1974. Erneut verschwindet ein kleines Mädchen. Die Eltern sind verzweifelt und bitten die Öffentlichkeit um Hilfe. Der junge Reporter Eddie Dunford (Andrew Garfield) vermutet einen Zusammenhang mit früheren Vermisstenfällen. Gegen Widerstände versucht er seine Theorie eines Serientäters zu beweisen.

Der britische Autor David Peace, Jahrgang 1967, veröffentlichte zwischen 1999 und 2002 vier Kriminalromane deren Handlungen inspiriert sind von der Jagd auf den "Yorkshire Ripper". In der zweiten Hälfte der 70er Jahre trieb dort der Serienkiller Peter Sutcliff sein Unwesen und ermordete 13 Frauen im Alter zwischen 16 und 47 Jahren. Peace selbst wuchs zu der Zeit in der Gegend auf und konnte die Jagd auf den Killer und die Arbeitsweise der überforderten West Yorkshire Polizei quasi hautnah miterleben. Drei der Romane seines "Red Riding"-Quartetts wurden 2008 von Channel 4 für das britische Fernsehen von drei verschiedenen Regisseuren (James "Man on Wire" Marsh für "1980"; Anand "Verlobung auf Umwegen" Tucker für "1983") verfilmt und im Frühjahr 2009 ausgestrahlt.

In "1974" begleiten wir den ehrgeizigen jungen Reporter Eddie Dunford (überzeugend: Andrew Garfield, "Boy A"), der seine große Chance sieht endlich einmal zu zeigen was er kann und mehr ist als nur Ersatzspieler für den erfahreneren Kollegen Jack Withehead (Eddie Marsan, Hancock, Happy-Go-Lucky). Bei seinen Recherchen zu ähnlichen Fällen vermisster Kinder vergangener Jahre stößt er auf die immer noch traumatisierte Witwe Paula Garland (Das Bildnis des Dorian Gray), deren Mann dem emotionalen Druck nicht standhielt und sich ein Jahr zuvor selbst tötete. Eddie versucht ihr Hoffnung zu geben, den für das Verschwinden des Kindes Schuldigen ausfindig zu machen und er verliebt sich in sie.

Bei all dem Liebesgeplänkel und einem kleinen Hoffnungsschimmer auf eine bessere Zukunft bestimmt aber ein düsterer Grundton die Handlung insbesondere da sich aufgegriffene Themen wie Vergewaltigung, Pädophilie, Kindesmord und Korruption immer stärker in den Vordergrund schieben. Korrupte Cops, die mit einflussreichen Geschäftsmännern kooperieren und vor Folter und Mord nicht zurückschrecken machen diese Verfilmung insbesondere in der zweiten Spielhälfte zum zusehends unbequemen Seherlebnis. Und wenn selbst die Ideale einer unabhängigen Presse untergraben werden mit dem Ziel am Ende des Tages eine höhere Auflage zu haben dann hat ein einzelner Mann kaum Chancen das richtige zu tun und auch davonzukommen.

Krimis aus England sind im deutschen Fernsehen etabliert und mit diesem Werk hier liefert Julian Jarrold, der bereits Folgen der Serie "Für alle Fälle Fitz" inszenierte und sowohl Werke von Jane Austen und Dostojewski verfilmte, einen überdurchschnittlichen Genrebeitrag ab. Optisch äußerst stimmig versetzt einen der Retro-Look mit Leichtigkeit zurück in die 70er Jahre in denen die Polizeiarbeit noch ohne Internet und Computerdatenbanken auskommen musste und weckt gleichzeitig Erinnerungen an die britische Serie "Life on Mars" bei der ein Polizist der Gegenwart sich nach einem Unfall plötzlich in einer völlig anderen Zeit wiederfindet. Die Filmadaption der drei "Red Riding"-Bücher wurde vom Londoner Drehbuchschreiber Tony Grison vorgenommen, der bereits auch schon mit Terry Gilliam an "Fear and Loathing in Las Vegas" und "Tideland" arbeitete.

David Peace, der Krimikultautor James Ellroy (L.A. Confidential) als eines seiner Vorbilder nennt, bezeichnet das Erstlingswerk "1974" als sehr brutal und erklärt das mit seiner damaligen Lebenssituation: jung, einsam, Single und keine Kinder! Der Film zeigt auch Gewaltausübung aber nicht so explizit wie im Buch beschrieben. Neben düsterer Krimikost wurde im übrigen auch David Peace' wohl zugänglichstes Buch verfilmt - "The Damned United - Der ewige Gegner" über die 44 Tage von Fußballcoach Brian Clough bei Leeds United. Demnächst vollendet Peace seine Tokio-Trilogie, die zeitlich in Japan kurz nach dem Zweiten Weltkrieg angesiedelt ist und bei der er sich auch wieder von einem Serienkiller inspirieren lies. Peace selbst hat 12 Jahre in Tokio gelebt. Der erste Band (Tokio im Jahr Null) ist Ende 2009 auch in deutscher Sprache veröffentlicht worden.

Dank guter Darsteller wie den damals 25jährigen Andrew Garfield als hartnäckigem Journalisten, Sean Bean als eiskaltem Geschäftsmann und Rebecca Hall als emotional versehrte Mutter wird der Krimi nach etwas gemächlichem Beginn zum spannenden, harten, pessimistischen Genrebeitrag. Auch wenn noch zwei weitere Teile der Trilogie (auf DVD) verfügbar sind, wirkt "1974" abgeschlossen selbst wenn das Ende die eine oder andere Frage offen lässt.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 16.03.2010

Red Riding 1974

UK 2009. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 102 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 UK TV-Premiere. Budget: - Einspiel: - Regie: Julian Jarrold. Buch: David Peace (Roman "1974"). Screenplay: Tony Grisoni. Kamera: Rob Hardy. Schnitt: Andrew Hulme. Musik: Adrian Johnston. Darsteller: Andrew Garfield, Rebecca Hall, Eddie Marsan, David Morrissey, John Henshaw, Anthony Flanagan, Warren Clarke, Peter Mullan, .

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