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2006
Bilder © Gaumont Columbia Tristar Films, France
**** OSS 117 - Der Spion, der sich liebte
michel hazanavicius


1955. Hubert Bonisseur de la Bath oder kurz OSS 117 (Jean Dujardin), Agent in Diensten Frankreichs, bekommt den Auftrag das Verschwinden eines in Kairo stationierten Kollegen aufzuklären. Mit Unterstützung der attraktiven Larmina El Akmar Betouche (Bérénice Bejo) stürzt sich OSS 117 also in das Abenteuer und begeht einen kulturellen Faux-pas nach dem anderen. Doch solange ‚La Grande Nation' in Ehren gehalten wird sollte es keine Probleme geben.

Die Figur des OSS 117 ist in Frankreich eine populäre Gestalt aus einer Vielzahl von Spionageromanen, die Jean Bruce zwischen 1949 und 1963 geschrieben hat, also noch bevor Ian Fleming seinen ersten Roman Casino Royale zu Papier brachte. Und auch mit der Verfilmung von Bruce Romanen ließ man sich nicht viel Zeit. In sieben Filmen von 1956 bis 1970 war OSS 117 im Auftrag der französischen Regierung unterwegs. Der aktuelle Film unterscheidet sich allerdings dadurch von den Vorgängerfilmen, dass er mehr Parodie als ernstgemeinter Agententhriller ist. Und dass hierbei die James Bond Filme aus den 60ern mit Sean Connery große Inspirationsquelle war ist deutlich erkennbar und vom Drehbuchautor Jean-Francois Halin auch beabsichtigt.

Ein maskuliner Typ wie ein junger Connery sollte die Hauptrolle spielen und so wurde die Rolle dem französischen Darsteller Jean Dujardin (Counter Investigation) auf den Leib geschneidert. Und Dujardin wirkt wie der uneheliche Sohn Connerys mit all seinen Gesten, seiner Mimik und seinem Laufstil. Nur smart wie Connerys Bond ist OSS 117 nicht. Da sind dann die Frauen insbesondere die mysteriöse Larmina gefragt, die ihn auf den richtigen Weg führen. OSS 117 ist stolzer Franzose, überheblich, selbstverliebt, ignorant (insbesondere fremden Kulturen gegenüber), manchmal etwas leichtgläubig, gerne auch mal kindisch und er liebt es Komplimente zu empfangen - auch wenn sie gar nicht als solche gemeint waren ("typisch Franzose!").

Als Macho hält er sich für unwiderstehlich und ziert sich gerne auch einmal, wenn eine schöne Frau ihn bittet mit ihm zu schlafen ("Ich habe keine Lust"). OSS 117 selbst ist die Geschichte, sein Handeln, seine nicht vorhandenen Geistesblitze und sein trotz allem sehr charmantes Auftreten - Zähneblitzen inklusive. Egal welchen Faux-pas er diesmal begeht, er bleibt durchweg sympathisch, insbesondere dann wenn sein Spieltrieb durchbricht. Da ärgert er eine Schar von Hühnern (!), beschwert sich über ein schmutziges Cabrio, macht in James-Bond-Manier einen Gegner mit Handkantenschlägen platt ("Ich liebe es zu kämpfen"), müht sich ab bei den vergeblichen Versuchen sich unbemerkt unters lokale Volk zu mischen und beobachtet interessiert wie zwei Frauen sich einen fulminanten Cat-Fight bis auf die Unterwäsche liefern.

Von den vielen in Code gesprochenen geheimen Übermittlungen mal ganz zu schweigen. Das funktioniert auch deshalb alles so gut weil sich Produzent Nicolas Altmeyer nicht dazu hinreißen lies , OSS 117 in diesem Millenium 2000+ agieren zu lassen sondern die Handlung komplett in den 50ern belässt. Gelegenheit genug sich am Retro-Look vom Set und der Ausstattung bis hin zur Einkleidung der Protagonisten zu erfreuen. Plus passenden Score und flugs fühlt man sich 50 Jahre zurückversetzt. Eben so als hätte man einen Bond-Film vor der Nase - nur mit vielen absurden Gags und ohne technische Gimmicks. Bei dem Genre der Agentenfilmpersiflagen muss man natürlich auch unweigerlich an die vor einigen Jahren gelaufenen Austin-Powers-Filme denken, die insbesondere beim ersten Teil mit dem Kulturclash - Sixties vs. 90er - ein Gagfeuerwerk zündeten.

Charmeur OSS 117 erlebt seinen Kulturschock, den er scheinbar aber selbst nicht wirklich bemerkt, als er das vertraute, saubere Paris gegen ein staubiges, multikulturelles, religiös undurchsichtiges, von Spionen durchsetztes Kairo eintauschen muss. Aber kein Problem. Für Frankreich und insbesondere für den geschätzten Präsidenten René Coty, der auch im Ausland werbewirksam unterstützt wird, fliegt unser Held sogar in den Iran - einen Gratisflug kann er halt nicht ablehnen. Was OSS 117 aber auf jeden Fall mit Austin Powers verbindet sind die nicht enden wollenden Lachattacken meist mehrerer sich im Raum befindenden Personen. Auf Fäkalgags hingegen verzichtet man auch wenn die eine oder andere sexistische Anmerkung (z.B. die anschauliche Demonstration wie eine Pistole funktioniert) durchaus Platz findet.

Warum auch nicht - Macho-Bond Connery hat's den Damen früher auch nicht leicht gemacht. Ziel, so Produzent Altmayer, der seit Jugendtagen Fan der OSS 117-Romane ist, war es die Atmosphäre der damaligen Epoche mit dem Humor eines Marcel Gotlib und Goscinny zu verbinden. In die Versuchung aus OSS 117 ein Austin-Powers-Imitat zu basteln kam Altmayer gar nicht, denn laut Wunsch der Tochter von Romanautor Bruce sollte die Neuauflage mehr in der Art der Belmondo-Komödie ‚Le Magnifique' (1973) sein (Dt. Titel: Der Teufelskerl; leider nur als Import-DVD erhältlich) . In Frankreich lief der Film am 19.04.2006 mit 557 Kopien an (zum Vergleich: Kurz vorher starteten Ice Age 2 mit 858 und Basic Instinct 2 mit 639 Kopien) und landete nach der ersten Woche mit einer Besucherzahl von 835.334 auf Platz 2 der Charts hinter dem Animationsfilm Ice Age 2 (1.043.524 Besucher).

Insgesamt hielt sich OSS 117 sieben Wochen in den TOP 10 der französischen Kinocharts mit insgesamt 2.2 Millionen Zuschauern. Aufgeführt wurde der Film neben diversen Festivals u.a. auch in Kinos in Belgien, der Schweiz und in Quebec, Kanada. Der große Erfolg und die fast ausschließlich positiven Kritiken haben zur Folge, dass Jean Dujardin seine nächste Mission im Frühjahr 2008 in den französischen Kinos antritt. Man darf sich also freuen. Amerika produzierte Jason Bourne und Austin Powers, Ihre Majestät von England hat James Bond und wie wir spätestens jetzt lernen hat auch Frankreich seinen Geheimagenten. Sein Name: Hubert Bonisseur de la Bath oder Codename OSS 117.

Und sein Einsatz in "OSS 117: Cairo, nest of spies", inszeniert im 50er-Jahre-Retro-Look, überzeugt als spaßige Agentenfilmparodie, die vor keinem Land, Kulturen oder Religionen halt macht. Auch wenn die Deutschen ihr Fett abkriegen sind es doch die Franzosen selbst, die mit dem eitlen, ignoranten, aber sympathischen Sean-Connery-Gedächtnis-Agenten OSS 117, grandios verkörpert von Jean Dujardin, vor allem herzhaft über sich selbst lachen können. Bei diesem auf Hochtouren laufenden, liebevoll in Wort und Bild verpacktem Gagfeuerwerk, bleibt kein Auge trocken, auch wenn nicht jede Anspielung voll ins Schwarze trifft.


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 19.08.2007

OSS 117 - Der Spion, der sich liebte

(OSS 117, Le Caire nid d'espions)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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