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2013

Bilder © Paramount
** Nebraska
alexander payne


Ein Rentner bekommt Nachricht er hätte eine Millionensumme gewonnen. Störrisch wie er ist will er sich den Gewinn persönlich abholen. Sein Sohn gibt trotz Zweifeln nach und geht mit ihm auf die Reise.

Bestimmt ist fast jedem schon einmal die Nachricht über tolle (angebliche) Gewinne in den Briefkasten geflattert. Ob Autos, Immobilien, Schmuck oder Geld. Man habe gewonnen … und dann steht im Kleingedruckten irgendetwas, dass den (oft im Ausland sitzenden) Veranstalter dagegen absichert tatsächlich den Gewinn auszugeben. Jeder vernünftige Mensch schmeißt diese Mitteilung ja weg und kümmert sich nicht weiter darum. Independent-Filmer Alexander Payne nimmt das zum Anlass ein Roadmovie zu drehen und gleichzeitig eine Vater-Sohn-Beziehung zu analysieren bei der einiges im Argen liegt. Überhaupt hätte der Vater mit seiner eigenen Sippe und der weitergehenden Verwandtschaft einiges aufzuarbeiten. Payne, der in seinen bisherigen Filmen mit Stars wie George Clooney (The Descendants, sein bisher größter Hit!), Jack Nicholson (About Schmidt) und Reese Witherspoon (Election) arbeitete stellt diesmal den 77-jährigen Bruce Dern ins Rampenlicht. Dern, Vater von Schauspielerin Laura Dern (mit der arbeitete Payne vor vielen Jahren auch einmal), ist dem Westernfan natürlich durch Filme aus den 60ern und 70ern bekannt. U.a. mit Clint Eastwood, John Wayne, James Garner und Robert Redford hat er gedreht. In Alfred Hitchcocks letztem Film „Familiengrab“ (1976) spielte er die Hauptrolle. Eine echte Hausmarke für eine breitere Masse wurde er aber trotz Oscarnominierung 1979 nie. Tarantino besetzte ihn 2012 in einer kleinen Rolle für „Django Unchained“ und hatte vor ihm eine Hauptrolle in seinem nächsten Film zu geben (das Projekt ist aber erst einmal geplatzt).

Dern spielte hier also Woody Grant, den grantigen Alten mit Suffkopp-Vergangenheit, der auch mal ziellos umherwandert, wenn man nicht auf ihn aufpasst. Aus Sorge er könne Schlimmeres anrichten, wenn er sich alleine auf die irrsinnige Reise ins 900 Meilen entfernte Lincoln macht, hat sein jüngerer Sohn David (Comedian Will Forte, Saturday Night Live, MacGruber) Erbarmen und geht gegen den Willen seiner kratzbürstigen Mutter (June Squibb, About Schmidt) mit Daddy auf Tour. Eine Fahrt zu zweit könnte natürlich interessant werden schließlich trifft man unterwegs auf so allerhand unterschiedliche Leute. Payne führt seine Protagonisten zur weiteren Vergangenheitsbewältigung zur Verwandtschaft in den alten Heimatort. Natürlich muss Woody allen unter die Nase reiben, dass er quasi schon Millionär ist und damit die Zahltag-Schleusen der raffgierigen Brüder, Schwestern, Onkels und früherer Freunde und Nachbarn öffnen. Stellenweise ist das auch amüsant und interessant, z.B. wenn Stacy Keach (American History X) auf der Bildfläche erscheint und sich mit Drohgebärden aufplustert um eine Rechnung mit Zinsen von früher einzutreiben. Das reicht aber nicht um darüber hinwegzutäuschen, dass dieses Gezanke um imaginäre Dollars schnell uninteressant wird. Natürlich sollen diese Verhaltensweisen eine Reihe Charaktere bloßstellen, die sich in ihrer Schrulligkeit überbieten letztlich aber vorwiegend nervige Mitspieler sind. Insbesondere Will Fortes Figur des gutmütigen Sohnes wirkt blass und zunehmend langweiliger je länger der Film dauert. Leider bleibt Payne auch unerbittlich beim Erzähltempo eines Rentners was die eigentlichen zwei Stunden Film noch länger hinausziehen. Da können auch schöne s/w-Bilder von Kameramann Phedon Papamichael (The Ides of March – Tage des Verrats) wenig lang anhaltende Freude schaffen.

Auch wenn das (Arthaus-)Publikum „Nebraska“ zu einem von Alexander Paynes kommerziell enttäuschensten Filmen machte (12 Mio USD hat er gekostet, nach 10 Wochen sind die bisher noch nicht eingespielt worden) haben viele Kritiker den Film in ihr Herz geschlossen und er wurde für viele Preise nominiert (darunter Golden Globes und Oscars). Bruce Dern hat bereits bei den Filmfestspielen in Cannes den Hauptdarstellerpreis abgeräumt. Ob er mit Altersbonus auch den Oscar gewinnt ist aber wegen der starken Konkurrenz wohl eher unwahrscheinlich.

Viel zu lange müht sich Regisseur Alexander Payne damit ab eine kaum aufregende Familiengeschichte aufzudröseln und verlässt sich zu sehr auf die Bildsprache. Bei dem Erzähltempo kann auch Bruce Dern nichts gegen aufkommende Langeweile machen.

Text © Markus Klingbeil
21.01.2014

Nebraska

USA 2013. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 115 Min Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 15.11.2013 (USA) 16.01.2014 (D). Budget: 12 Mio. USD Regie: Alexander Payne. Drehbuch: Bob Nelson. Kamera: Phedon Papamichael. Schnitt: Kevin Tent. Musik: Mark Orton. Darsteller: Jason Statham, Bruce Dern, Will Forte, June Squibb, Bob Odenkirk, Stacy Keach, Mary Louise Wilson, Rance Howard, Tim Driscoll, Devin Ratray, Angela McEwan.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih