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2012

Bilder © Pandastorm Pictures
** Das Glück der großen Dinge
justin lin


Die 6-jährige Maisie wird zum Spielball eines zerstrittenen Paares das mehr mit sich selbst beschäftigt ist als den Pflichten fürsorglicher Eltern nachzukommen.

Henry James war ein amerikanischer Schriftsteller (1843-1916). U.a. hat er knapp zwei Dutzend Romane geschrieben von denen sehr viele auch fürs Kino und noch mehr fürs Fernsehen verfilmt wurden. Am bekanntesten sind wohl „Portrait of A Lady“ (1996) mit Nicole Kidmann, „Die Flügel der Taube“ (1997) mit Helena Bonham Carter und „The Golden Bowl“ (2000) mit Kate Beckinsale. Nun haben sich zwei Drehbuchautoren eines Stoffes von James aus dem Jahre 1897 („What Maise knew“) angenommen, mit persönlichen Erfahrungen aufgepeppt und das Ganze weit weg vom Kostümdrama ins heutige New York verlagert. Das Regieduo McGee/ Siegel (Uncertainty) hat es dankbar aufgenommen und ein Melodrama inszeniert bei dem das Kind im Mittelpunkt steht. Diese Rolle übernimmt Onata Aprile, ein frisches Gesicht im Filmbusiness. Ihre Mutter im Film spielt Julianne Moore (The Kids are alright, Boogie Nights), die kürzlich auch als Sarah Palin in einem TV-Film zu sehen war. Eine sehr unsympathische Person spielt sie hier, eine Rockmusikerin, die lieber mit ihren Bandkollegen abhängt als sich um ihre Tochter Maisie zu kümmern. Sporadische sentimentale Anwandlungen und wenn es ums Sorgerecht/Besuchsrecht geht lassen dann allerdings die Muttergefühle kurzfristig hervorquellen.

Maisies Vater, gespielt von Steve Coogan (In 80 Tagen um die Welt, Percy Jackson – Diebe im Olymp), ist auch kaum besser. Ein englischer Geschäftsmann, der immer auf Reisen ist oder telefoniert anstatt dem Kinde seine Aufmerksamkeit zu schenken. Die Situation ist schon zerfahren als wir sie kennenlernen. Scheidung und Zankereien ohne Ende. Die bieder abgefilmte Seifenoper wirft ihre ersten Schatten voraus. Und Maisie wirkt verloren. Aber da gibt es ja noch das supernette Kindermädchen (TV-Schauspielerin Joanna Vanderham in ihrem ersten Kinofilm), das mit Maisies Vater schläft und später auch zu ihm in die neue Wohnung zieht. Blauäugig ist die junge Frau, tut alles um dem Mann den sie liebt und dessen Tochter, die sie ins Herz geschlossen hat zu gefallen. Man muss keine hellseherischen Fähigkeiten haben um zu wissen, dass auch diese Beziehung nicht gut gehen kann. Aber es kommt noch besser. Maisies Mutter heiratet einen jüngeren Mann, auch ein ganz supernetter Mensch (diesen langweiligen Part übernimmt Seriendarsteller Alexander Skarsgard, True Blood). Zu ihrer Tochter sagt sie das hätte sie nur ihr zuliebe getan, letztlich natürlich um die Chancen im Sorgerechtsstreit zu verbessern. Aber was bringt das alles? Sie kann nicht aus ihrer Haut, ihren Lebenswandel ändern. Sie muss wieder auf Tour, ist aber eifersüchtig, dass sich ihr neuer Barkeeper-Ehemann so gut mit Maisie versteht. Bis das kleine Mädchen, das alles hinnimmt (nie bockig ist wie man es in diesem Alter erwarten würde), sich lange klaglos hin- und herschieben lässt, endlich mal eine einzige (!) Träne fließen lässt dauert es sehr lange.

Die Geschichte quält sich langsam dahin aber irgendwie kommt man nicht voran. Die Eltern sind rücksichtslos, egoistisch und ohne Sinn für Anstand. Das kapiert man schnell. Im Grunde geht es nur darum den anderen zu bekämpfen und das Kind ist die Waffe, die beide einsetzen. Aber weil einfallslos inszeniert wirkt dieses Drama schnell ermüdend. Inhaltlich wiederholen sich Szenen mit kleinen Variationen. Man wartet regelrecht darauf, dass etwas Großes passiert was alle Beteiligten emotional aufrüttelt und von ihren selbst auferlegten Zwängen befreit. Vielleicht ein Unfall mit Maisie ? Oder doch die Schmusevariante bei der die beiden jungen netten Menschen, die regelmäßig auf das Mädchen aufpassen, Gefallen aneinander finden und zu Ersatzeltern werden ? Der Zuschauer ist jedenfalls der Verlierer und für die junge Onata Aprile tut es einem etwas Leid, dass sie ihren ersten großen Auftritt in diesem vergessenswerten Film hat. Beim Internationalen Festival in Toronto wurde „Das Glück der großem Dinge“ 2012 zum ersten Mal aufgeführt. Einen Kinostarttermin gibt es in Amerika hingegen noch nicht. Thematisch ähnliche Filme wie „Kramer gegen Kramer“ (1979) und „Der Tintenfisch und der Wal“ (2005) bieten als Alternative bessere darstellerische Leistungen als auch höhere Unterhaltungsqualität. Wem aber ein Film wie „Das wundersame Leben des Timothy Green“ gefällt, der kann vielleicht auch etwas mit diesem Werk anfangen.

Bieder, langatmig, überraschungsarm, ohne Drive. Dieses schwach inszenierte Familiendrama mit einer allzu passiven Hauptfigur wirkt lange Zeit ziellos und das Interesse am Schicksal von Maisie sinkt exponentiell zu den dahinkriechenden Filmminuten.

Text © Markus Klingbeil
08.06.2013

Das Glück der großen Dinge
(What Maisie Knew)

USA 2012. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 99 min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 11.07.2013 (D). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Scott McGehee, David Siegel. Screenplay: Nancy Doyne, Carroll Cartwright. Romanvorlage: Henry James. Kamera: Giles Nuttgens. Schnitt:Madeleine Gavin. Musik: Nick Urata. Darsteller: Julianne Moore, Steve Coogan, Alexander Skarsgård, Joanna Vanderham, Onata Aprile, Sadie Rae, Diana García.
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