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2009
Bilder © Filmverleih
**** Buried - Lebend begraben
rodrigo cortés


Ein Mann wacht im Dunkeln auf hartem Untergrund auf. Das spärliche Licht des Feuerzeugs enthüllt seine missliche Lage. Er liegt in einer geschlossenen Holzkiste und die wurde irgendwo vergraben. Wieso das ganze und warum gerade er ?

Man möchte ganz bestimmt nicht in der Haut des Protagonisten stecken, der sich in diesem feinen kleinen Thriller aus Spanien verzweifelt um die Erhaltung seines Lebens bemüht. Lebendig begraben werden, einer klaustrophobischen Atmosphäre ungewollt ausgesetzt sein ist eine schreckliche Sache. Mit diesen Ängsten haben Filmemacher immer wieder gerne gespielt. Einer der erinnerungswürdigsten Filme zum Thema stammt aus der Schmiede von B-Movie-Papst Roger Corman, dessen von Ray Milland verkörperte Hauptfigur in "Lebendig begraben" (1962) sich fürchtet aus Versehen lebendig begraben zu werden. Die Geschichte basiert auf einer Vorlage von Kultautor Edgar Allen Poe. Ein unterschätzter Thriller ist zudem "Oxygen" (1999) von Richard Shepard mit Adrien Brody als hinterhältigem Psychopaten.

Auch Quentin Tarantino hat seine Schauspieler gleich zweimal unter die Erde gebracht. Als Gastregisseur in einer Doppelfolge der populären Krimiserie "CSI Las Vegas" und später dann auch in "Kill Bill - Vol.2". Blickt man auf den asiatischen Kontinent fällt einem z.B. der fulminante Gangsterstreifen "Bittersweet Life" ein in dessen Verlauf der Held von seinen Gegnern auch mal kurzfristig verbuddelt wird. Was diese Filme aber von dem des Spaniers Rodrigo Cortés (The Contestant - Der Kandidat) grundlegend unterscheidet ist die Verweildauer im Erdreich. Cortés wagt es tatsächlich die komplette Spielzeit von 1 ½ Stunden unter der Oberfläche zu bleiben und auf die Fähigkeiten nur eines Schauspielers zu vertrauen. Skepsis ist angebracht ob dieser karge (auch visuell) Ansatz - ein Mann in der Kiste - wirklich durchgehend Spannung erzeugen kann.

Aber es funktioniert, weil das Drehbuch des Amerikaners Chris Sparkling genug Ideen und Überraschungen bereit hält, die dazu führen, dass der Zuschauer gebannt verfolgt wie sich der eingepferchte Mann dreht und windet, flucht und weint. Am Anfang wissen wir nichts über den Mann, der Vorspann gibt uns aber einen Hinweis, dass es um Dollars, um Geld geht. Denn nicht ohne Grund liegen im Holzgefängnis einige Utensilien, die später noch Verwendung finden. Das wichtigste dabei ein Handy mit arabischem Display, halbvollem Akku als einzige Verbindung zur Außenwelt. Durch diverse Telefonanrufe (die Gesprächspartner sind nur hörbar) erfahren wir nicht nur den Namen des bedauernswerten Mannes, er heißt Paul Conroy, ist Amerikaner, sondern auch in welchem Land er sich befindet: Irak. Dort hat ihn seine Firma hingeschickt um Wiederaufbauhilfe zu leisten. Paul ist Familienvater und nichts weiter als ein LKW-Fahrer.

Ryan Reynolds (Selbst ist die Braut) ist die einzige Person, die wir während dieses in Echtzeit ablaufenden Dramas zu sehen bekommen und der Amerikaner macht seine Sache sehr überzeugend, vermag es schnell den Zuschauer für sich zu gewinnen. Weil er sich menschlich verhält, Panik, Angst und Wut in nachvollziehbarem Maße zum Ausdruck bringt. Denn da ist nicht nur die Furcht davor, der Sauerstoff in der Kiste könnte bald verbraucht sein oder der Wüstensand könnte den Holzdeckel seines Sarges durchdrücken sondern vor allem die Sorge um die Familie, die ahnungslos in Amerika weilt, weil telefonisch nicht erreichbar ist. Kombiniert mit dem Misstrauen ob seine Regierung wirklich alles daran setzt um ihn zu finden und auszulösen präsentiert sich eine schier ausweglose Situation.

Damit die Filmemacher während der drei Wochen Drehzeit auf engem Raum auch die benötigte Anzahl von variablen Blickwinkeln einfangen konnten musste genau geplant werden. Sieben verschiedene Särge wurden dafür angefertigt, auf die vor allem in Hollywood übliche Green Screen zum späteren hineinkopieren von Hintergründen wurde verzichtet. Um möglichst intensive Momente zu generieren wurden immer 6-Minuten-Takes ohne Unterbrechung abgedreht. Im Film finden die sich aber so nicht wieder, denn die Bildsprache ist bei aller Eleganz auch eine bewegte Bildsprache. Dem guten Ruf der diesem Thriller seit seiner Premiere in Sundance Anfang des Jahres vorauseilt wird "Buried" voll gerecht.

Ein spannender, schweißtreibender Film, der Urängste packend und sehr ökonomisch umsetzt dabei gleichzeitig einen kritischen Blick auf politische Verhaltensweisen nicht nur im bezug auf den Irak wirft. Da sieht man auch gerne über ein, zwei logische Fehler hinweg.


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 01.09. 2010

Buried - Lebend begraben

(Buried)

Spanien 2009. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 95 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 08.10.2010 (USA) 04.11.2010 (D). Budget: 3 Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: Rodrigo Cortés. Buch: Chris Sparling. Kamera: Eduard Grau. Schnitt: Rodrigo Cortés. Musik: Víctor Reyes. Darsteller: Ryan Reynolds Stimmen: Robert Paterson, José Luis García Pérez, Stephen Tobolowsky, Samantha Mathis, Warner Loughlin, Ivana Miño, Erik Palladino.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih