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2013

Bilder © ProKino
* Before Midnight
richard linklater


Ein Pärchen macht mit den Zwillingstöchtern sechs Wochen Urlaub in Griechenland. Kurz bevor es wieder Zeit wird nach Paris zurückzufliegen wird ihre langjährige Beziehung emotional besprochen.

Der amerikanische Regisseur Richard Linklater, Jahrgang 1960, dreht seit über 20 Jahren Filme. Independentstreifen wie „Slacker“ (1991), „Dazed and Confused“ (1993), „Suburbia“ (1996) stehen da in seiner Vita neben „Die Bären sind los“ (2005) und „School of Rock“ (2003). Letztgenannter Film war dank Funnyman Jack Black kommerziell ein Riesenerfolg. In der Regel sind Linklaters Filme aber nicht für ein Massenpublikum attraktiv auch wenn er prominente Namen wie Milla Jovovich, Matthey McConaughey, Uma Thurman und Keanu Reeves in unterschiedlichen Phasen ihrer Karierre auf der Besetzungsliste vorzuweisen hatte. Fand der wunderbare Nostalgietrip „Ich & Orson Welles“ 2010 mit Verspätung noch einen deutschen Kinoverleih musste der Folgefilm „Bernie – Leichen pflastern seinen Weg“ den direkten Weg in die Videotheken antreten. Dass der aktuelle Film „Before Midnight“ wieder in den (Arthaus)kinos gespielt wird liegt sicher auch an der ungewöhnlichen Vorgeschichte. Denn 1995 begann die Geschichte des vom Amerikaner Ethan Hawke und der Französin Julie Delpy gespielten Paares im Film „Before Sunrise“ und wurde 2004 mit „Before Sunset“ fortgeführt. 2013 kommt also das Finale (?) der dialogreichen von Linklater, Hawke, Delpy gemeinsam verfassten Geschichte auf die man nach Sichtung des Werkes gerne verzichtet hätte.

Es sind also 18 Jahre vergangen seitdem sich Jesse (Ethan Hawke, Training Day) und Celine (Julie Delpy, Drei-Farben-Trilogie) zum ersten Mal getroffen haben. Sie leben jetzt in Paris, haben zwei Töchter und machen gerade Urlaub in Griechenland bei einem befreundeten Autor. Zu Beginn des Films sehen wir wie Jesse am Flughafen seinen Sohn verabschiedet, der wieder zurück zur Mutter, Jesses Ex-Frau, nach New York muss. Der Abschied verläuft quälend, ein Vorgeschmack auf das was später noch zerredet wird. Jesse fühlt sich schlecht, dass er seinen Sohn nicht aufwachsen sieht, glaubt er sei ihm kein guter Vater. Vor neun Jahren hat er sich ja für die Liebe, Celine, entschieden und ist in Europa geblieben. Geredet wird über vieles, triviale Themen, Witze werden gerissen, es wird philosophiert. Doch frei dahingesagte Dinge, ehrliche Ansichten, führen immer wieder zu Spannungen. Die müssen wegdiskutiert werden bis einer sich als Sieger fühlt. Klappt aber nicht, denn jeder hat "Fehler". Der wahre Verlierer steht schon früh nach der ewig langen Autofahr-Sequenz fest: Der Zuschauer. Unerbittlich quatschen uns Hawke und Delpy die Ohren blutig und Linklater kennt kein Erbarmen, lässt die Einstellung ohne Schnitt, ohne Blickwinkelwechsel weiterlaufen. Die Minuten dehnen sich ins Unendliche. Plötzlich ein Zwischenschnitt auf die vorbeirauschende Landschaft, doch denkste, sofort wieder Umschnitt und da sitzen sie immer noch. Jesse am Steuer, Celine auf dem Beifahrersitz, auf der Rückbank die schlafenden Kinder. Die sind entweder klasse Schauspieler oder gut sediert so ruhig wie sie da mit geschlossenen Augen sitzen.

Man ist dankbar, dass irgendwann aus dem einen Pärchen drei, vier werden. Essenszeit. Unter Freunden ist man, es plauschen unterschiedliche Generationen, auch andere Meinungen, Anekdoten hört man in lockerer Runde. Zudem bekommt man Infos über das was in den vorigen „Before“-Filmen passiert ist (Jesse ist Romanautor und hat die Ereignisse verwertet; erzählt davon). Doch Linklater schickt seine beiden Protagonisten bald auf einen langen Spaziergang zu einem Hotel in dem sie sich mal ohne Kinder im Schlepptau Vergnügen sollen. Und immer wird geredet und geredet. Auch als sie im Hotelzimmer sind. Über Oralsex; über Fremdgehen; wie anstrengend es für sie als Mutter ist, während er, der erfolgreiche Autor auf Buchreise weilt usw.. Es gibt Schuldzuweisungen; soll sie ihre Karriere opfern und wegen seinem Sohn mit nach Amerika ziehen; ihr Hintern sei zu dick; … der Reigen nimmt kein Ende. Ratlosigkeit, Wut - liebt man sich noch? Die Dialoge wirken abgegriffen, inhaltlich völlig ausgelutscht, weil man diese Worthülsen schon zu oft gehört hat. Ob im Kino; im wahren Leben. Drama, Drama. Manchmal genauso schlimm präsentiert, manchmal weitaus unterhaltsamer. Dass hier aber im Grunde ständig zwei Personen über 1 ½ Stunden wie aneinander gekettet nebeneinander stehen, sitzen, liegen und meckern, analysieren und zweifeln ist dermaßen nervig und wird negativ verstärkt durch die eintönige Kameraarbeit (lange Plansequenzen, selten Wechsel des Blickwinkels). Da kommen einem früh unliebsame Erinnerungen an ähnlich verquaste, unerträgliche Beziehungsaufarbeitungsfilme wie „Alle Anderen“ und „Die Liebesfälscher“ in den Sinn.

Monotonie in Bild und Sprache. Der dritte Teil von Linklaters Beziehungsgesprächstherapiesitzung quält mit nicht enden wollender Geschwätzigkeit und nervt mit abgedroschenen Worthülsen. Bitte nicht nochmal in neun Jahren.

Text © Markus Klingbeil
08.05.2013

Before Midnight
USA 2013. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 104 min. Bildverhältnis: 1.85:1 Kinostart: 24.05.2013 (US) 06.06.2013 (D). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Richard Linklater. Story: Richard Linklater, Ethan Hawke, Julie Delpy. Charaktere: Richard Linklater, Kim Krizan Kamera: Christos Voudouris. Schnitt: Sandra Adair. Musik: Graham Reynolds. Darsteller: Ethan Hawke, Julie Delpy, Seamus Davey-Fitzpatrick, Ariane Labed, Athina Rachel Tsangari, Walter Lassally.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih