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2011
Bilder © Senator Film
**** Ziemlich beste Freunde
olivier nakache, eric toledano


Millionär Philipp ist seit einem Gleitschirmunfall vom Hals an abwärts gelähmt, d.h. er ist auf ständige Betreuung angewiesen. Kaum ein Pfleger ist aber im Stande es längere Zeit bei ihm auszuhalten oder es ist Philippe, der die Nase voll hat. Da platzt der Kleinkriminelle Driss bei ihm rein ohne wirklich echtes Interesse an Arbeit zu haben. Philippes Neugier ist geweckt und er fordert den jungen Mann heraus zwei Wochen zu überstehen …

Die besten Geschichten schreibt das wahre Leben, sagt man. Jedenfalls bietet es oft gute Ansatzpunkte für eine kinotaugliche Aufarbeitung. Das Regieduo Nakache/ Toledano ließ sich für diese Feel-Good-Komödie von einer Fernsehdokumentation inspirieren. Dass sich über 17 Millionen Kinogänger in Frankreich für ihren Film begeistern würden konnten sie natürlich nicht ahnen (zum Vergleich: "Willkomen bei den Sch'tis" sahen 20.3 Mio). Alles nur Hype könnte man wieder meinen aber nach Sichtung des Werkes ist die Beliebtheit dieser Inszenierung nur zu gut nachvollziehbar. Das liegt vor allem an dem grandiosen Omar Sy (Micmacs – Uns gehört Paris!), der von Minute 1 an im wahrsten Sinne des Wortes Vollgas gibt und den Zuschauer gleich mitreißt. Sy spielt einen in der Vorstadt lebenden jungen Senegalesen aus einer unteren sozialen Schicht, der zwar auch auf kriminelle Abwege geraten ist, aber durch seine offene Art und Weise bedenkenlos als Sympathieträger durchgeht. Der Kulturclash mit den oberen Zehntausend, zu denen der von Francois Cluzet (Kleine wahre Lügen) gespielte querschnittsgelähmte Pflegebedürftige zählt, ist also vorprogrammiert. Wie genau das abläuft ist dann auch das reizvolle an der Handlung.

Schon die abwechslungsreiche Beschnupperphase zeigt wie gut die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern funktioniert. Rührseligkeit ist hier Fehl am Platze. Cluzet und Sy spielen sich locker und leicht die Bälle zu und wenn der Pflegerlehrling etwas tolpatschig, unkonzentriert oder ohne nachzudenken agiert dann bleibt sein Arbeitgeber gelassen. Learning by doing. Behandle mich nicht wie ein rohes Ei. Das Umfeld ist erstaunt und teilweise besorgt wegen des Einflusses von Driss auf Philipp, die übrigen Angestellten des Millionärs eher fasziniert wie ihr Chef langsam das tägliche Leben wieder mit sichtbarem Spaß angeht. Kein Wunder, denn der unorthodoxe Neuankömmling liebt schnelle Autos, erotische Massagen, kifft auch mal und bemüht sich sehr mit Charme und kecken Sprüchen Philipps sexy Sekretärin Magalie (Audrey Fleurot, Nur für Personal!) rumzukriegen. Das normale Leben außerhalb des Glashauses zerrt wieder mit gehörigem Schwung an den Lebensgeistern und lässt sogar die gute alte Brieffreundschaft neu und romantisch erblühen. Eine Krise, den obligatorische Bruch zwischen den beiden neuen Freunden, den man irgendwann erwartet, mögen die Regisseure bei all den positiven Gefühlen gar nicht inszenieren. So bleibt eine temporäre Verstimmung, die aber keine Narben hinterlässt.

Dass die Filmemacher seine Geschichte witzig erzählen sollen war ein besonderes Anliegen von Philippe Pozzo di Borgo, dem „echten“ Philippe, der im Vorfeld des Films den Drehbuchautoren mit Anregungen, Ideen und mehr Informationen zur Seite stand. Der fertige Film würdigt dies. Der US-Produzent Harvey Weinstein hat sich nicht nur die Vertriebsrechte für den US-Markt gesichert sondern auch bereits die Remake-Rechte für eine amerikanische Version. Die Regisseure des Originalfilms wünschen sich dafür Colin Firth (The King's Speech) in der Rolle des Philipp.

Aristokrat meets Kleinkriminellen. Superb besetzt bietet dieses Aufeinandertreffen zweier in jeder Hinsicht sehr verschiedener, sympathischer Menschen schwungvolle, kurzweilige Unterhaltung. Die Formel „Sag Ja! zum Leben“ findet Anwendung.


Text © Markus Klingbeil
22.01.2012

Ziemlich beste Freunde
(Intouchables)

Frankreich 2011. Farbe. Originalsprache: Französisch. Länge: 112 min. Bildverhältnis: 1.85:1 Kinostart: 02.11.2011 (F) 05.01.2012 (D). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Olivier Nakache, Eric Toledano. Screenplay: Olivier Nakache, Eric Toledano Kamera: Mathieu Vadepied. Schnitt: Dorian Rigal-Ansous. Musik: Ludovico Einaudi. Darsteller: François Cluzet, Omar Sy, Anne Le Ny, Audrey Fleurot, Clotilde Mollet, Alba Gaïa Kraghede Bellugi, Cyril Mendy, Christian Ameri, Grégoire Oestermann .

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