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2009
Bilder © Constantin Film
**** Vorstadtkrokodile
christian ditter


Der seit einem Unfall an den Rollstuhl gefesselte Kai (Fabian Halbig) ist ein Eigenbrödler. Seine überfürsorgliche Mutter (Maria Schrader) sieht es mit Bedauern, dass er keinen Anschluss an Gleichaltrige findet. Da setzt sie ihm ein Ultimatum. Wenn er bis Ende der Sommerferien keine Freunde gefunden hat, dann soll er zur Sonderschule, weil sie glaubt, dass es ihm dort besser gehen wird. Kai gefällt das überhaupt nicht und er versucht alles um in die Clique von Hannes (Nick Romeo Reimann) zu kommen. Der ist frischgebackenes Mitglied bei den "Vorstadtkrokodilen" und ihm einen Gefallen schuldig.

Filme für ein jugendliches Publikum zu machen ist eine gute Sache, denn nicht alles muss sich immer um Gewalt, Mord und Totschlag drehen, wie es uns häufig schon das Nachmittagsprogramm serviert. Sitzen Kinder zuhause oft alleine vor der Glotze so brauchen sie für den Kinobesuch (meist) eine ältere Begleitperson. Und für die kann dann eine 90 minütige oder noch länger andauernde Leidenszeit beginnen. Nämlich, wenn sich die Geschichte im Kinderfilm in klischeehaften Albernheiten, Verniedlichungen und heile-Welt-Szenarien verliert. Abwechslung sollte schon vorhanden sein und ein paar interessante Aspekte für die Begleitperson doch auch bitte sehr. Demnächst startet in unseren Kinos der Walt-Disney-Film "Beverly Hills Chihuaha", ein unerträglich blödes Werk mit sprechenden Hunden, die als vermenschlichte Snobs/Schicki-Mickis agieren. Sich so einen Kinderfilm ansehen zu müssen wünscht man keinem Elternpaar. Aber genug davon (und mehr dazu an anderer Stelle).

Aus Deutschland kamen in den letzten Monaten immer mal wieder Filme, die genug Grips hatten und Kinder nicht verdummen und Ältere nicht langweilen wollten. "Paulas Geheimnis" oder "Stella und der Stern des Orients" z.B. Oder gerade jetzt im Kino die "Hexe Lilli - Der Drache und das magische Buch". Auch die "Drei ???"- Filme sind ordentliche Unterhaltung für die jüngere Generation. Mit "Vorstadtkrokodile" verfilmte Christian Ditter jetzt das gleichnamige Jugendbuch von Max von der Grün neu und gibt der 1977 veröffentlichten Geschichte ein zeitgemäßes, frisches und schwungvolles Gewand, das durch seinen geschickten dramaturgischen Aufbau den Zuschauer ob jung oder alt sofort mit einbindet und man somit gespannt den Fortgang des Abenteuers der Jugendlichen verfolgt. Denn das was Rollstuhlfahrer Kai und Hannes und seine agilen Freunde immer mehr zusammenschweißt ist die Suche nach Dieben, die das Dorf unsicher machen. Die Schuldigen macht man (als Fernbetrachter) schnell aus, doch das ist nicht das wichtige am Handlungsaufbau. Vielmehr sind es die Beziehungen der Burschen unter- und zueinander, die sich entwickeln, und wie sie sich mit Begeisterung einer Aufgabe stellen, Probleme lösen und Vorurteilen begegnen müssen. Jeder muss sich beweisen und Gefahren trotzen. Auf die eigene Art.

So beginnt der Film auch mit einer spannenden Sequenz, wenn Hannes auf ein Dach in schwindelerregender Höhe klettert um die Krokodilskette zu holen. Da ist die Mutprobe, die jeder durchlaufen muss. Ein zusätzlicher Anreiz die Sache nicht zu verbocken ist außerdem die Anwesenheit von Maria (Leonie Tepe), dem einzigen Mädchen in der Krokodilsbande. In die ist Hannes nämlich heimlich verliebt. Es sind im Grunde zwei Figuren, die man herausheben könnte, die im Film wichtige Akzente setzen. Eben jener Hannes, der zusammen mit seiner jungen Mutter lebt, die einen kleinen Laden im Dorf hat, nebenher aber noch studiert. Als der Laden aber ausgeraubt wird beschließt Hannes der Sache selbst auf den Grund zu gehen. Dabei benötigt er aber die Hilfe von Kai, dem Neuling, denn der hat die Täter in Motorradkluft gesehen und glaubt ihr Warenversteck zu kennen. Wohl oder übel nehmen die anderen den "Spasti" erst einmal in ihre Gruppe auf. Regisseur Ditter tut gut daran die Jungs normal sprechen zu lassen und ihnen keine politisch korrekten verklausulierten Worte und Sätze in den Mund zu legen. Eine natürliche Jugendsprache herrscht im Film vor, ohne aber in die derbe Ecke abzurutschen. Vielmehr sind die eingebrachten Anglizismen wie "chillen" und "abchecken" schon ein paar Fremdworte zu viel für manche Elterngeneration und sorgen bei denen nur für Stirnrunzeln.

Auf Erwachsene kann man in der Realität nicht verzichten und die wird auch hier nicht ignoriert, doch die mit Smudo (Musikgruppe "Die Fantastischen Vier"), Maria Schrader (Rosenstrasse) und Nora Tschirner (Mord ist mein Geschäft, Liebling; Keinohrhasen) prominent besetzte Elternriege hält sich wohltuend im Hintergrund und überlässt den Kids die Show. Und es macht Spaß zuzusehen, wie sie sich mutig mit einem Motorrad-Gaunertrio anlegen, von dem sie immer schikaniert werden. Zudem schwebt ja auch der Verdacht im Raum, dass diese Kraftprotze für die Einbrüche verantwortlich sind. Axel Stein (Kein Bund fürs Leben), Jacob Matschenz (Die Welle) und Oktay Özdemir (Knallhart) gehören zu dem etwas tumben Trio, das die Krokodilbande gehörig unterschätzt. Und die Konfrontation der beiden Gruppen gibt dann auch Gelegenheit für manche flotte Actionszene wie z.B. die einer Verfolgungsjagd mit einem motorisiert-frisierten Rollstuhl. Bei der Besetzung der jungen Hauptfiguren verlässt man sich einerseits auf fast schon etablierte Kräfte und hat aber andererseits auch Mut neuen Talenten eine Chance zu geben. Der 11-jährige Rick Romeo Reimann, der Hannes, hat bereits schon in drei Fortsetzungen der populären Kinoreihe "Die Wilden Kerle" mitgewirkt. Manuel Steitzt, der den Bruder von Hannes Angebeteter spielt, war bereits schon bei "Herr Bello" und "Räuber Hotzenplotz" mit dabei. Für Fabien Helbig als Kai und Leonie Tepe als Maria ist "Vorstadtkrokodile" der erste große Kinoauftritt. Und alle schlagen sich mit Bravour!

"Vorstadtkrokodile" ist ein Highlight des Jugendfilms. Flott und spannend inszeniert ist die mit tollen Jungdarstellern besetzte Geschichte auch für die etwas älteren Zuschauer und Begleitpersonen abwechslungsreich gestaltet, so dass keine Langeweile aufkommt. So muss man einen Jugendfilm machen !


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 26.03.09
Vorstadtkrokodile

Deutschland 2009. Länge: 98 Min. Bildverhältnis: 1:1.85 Kinostart: 26.03.2009 (D) Budget: - Einspiel: -. Regie: Christian Ditter. Screenplay / Story: Christian Ditter, Martin Ritzenhoff Kamera: Christian Rein Schnitt: Ueli Christen Musik: Heiko Maile Darsteller: Nick Romeo Reimann, Fabian Halbig, Manuel Steitz, Leonie Tepe, Nora Tschirner, Maria Schrader, Axel Stein, Jacob Matschenz, Smudo, Martin Semmelrogge, Ralf Richter
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih