Es ist ja nicht unüblich, dass amerikanische Filme erst eine gewisse Vorlaufzeit brauchen bis sie bei uns auf die Leinwand kommen. Bei UNDERWORLD sind wir ja erfreulicherweise noch unter einem halben Jahr geblieben - nichtsdestotrotz ist die amerikanische DVD bereits seit einigen Wochen auf dem Markt. UNDERWORLD bringt zwei Spezies des Schreckens zusammen - Werwölfe oder Lykaner genannt und Vampire.
Beiden Horrorgestalten wurden bereits einige Filme gewidmet - vom Wolfsmann und Dracula Anfang des 20.Jahrhunderts bis hin zu den sich kreativ den neuzeitlichen Bedingungen des 21. Jahrhunderts anpassenden Kreaturen wie in GINGER SNAPS, BLADE und JOHN CARPENTERS VAMPIRE gesehen. Fortsetzungen haben die letztgenannten alle nach sich gezogen und auch bei UNDERWORLD wird man den Eindruck nicht los, dass da noch etwas nachgelegt wird - ob Sequel oder Prequel, beides ist denkbar.
Kate Beckinsale ist die traurig-zornige, mistrauische Hauptfigur, eine sportliche, energische und in diversen Kampfkünsten erprobte Blutsaugerin, die als Jägerin Lykaner jagt und mit Silbernitratkugeln niederstreckt. 'Tötet sie alle' ist ihr Leitspruch und unerschrocken verfolgt sie ihre Pläne - auch wenn sie sich damit gegen den ganzen Orden, ihre Vampirgemeinschaft, wendet. Wie so eine Auseinandersetzung Vampir/Werwolf vonstatten geht zeigt uns Regisseur Len Wiseman gleich zu Beginn.
Zwei Lykaner jagen Michael (Scott Speedman, DARK BLUE) einen Menschen, und treffen dabei auf Selene (Kate Beckinsale, PEARL HARBOR) und ihre Gefährten. Ein famoser Shoot-out in der U-Bahn ist die Folge und dabei merkt Selene, dass die Lykaner irgendetwas aushecken. Glauben schenkt man ihr nicht, insbesondere ihr ranghöherer Ordensbruder Kraven (Shane Brolly), der sie gerne an seiner Seite sähe, verhält sich merkwürdig. Da sieht Selene nur eine Möglichkeit: sie muss ihren Mentor Viktor (Bill Nigh, LOVE ACTUALLY) - der Vampir, der sie zu der Kreatur gemacht hat, die sie jetzt ist - in einem Wiedererweckungsritual zurückholen.
Der US-Regisseur Len Wiseman vertraut in seinem Regiedebut in den Schlüsselpositionen auf britisches Talent sowohl in den Hauptrollen, angeführt von Kate Beckinsale, Jack Speedman und Michael Sheen als auch bei der Wahl des Kameramannes Tony Pierce-Roberts. Dass sich Wisemann mit den Genrefilmen auskennt zeigt allein schon die düstere, fast pechschwarz-glänzende kalte Optik, die Erinnerungen an BLADE, DARK CITY und MATRIX wecken. Warme sonnendurchflutete Bilder wird man hier nicht finden, dominiert doch ein wolkenverhangener Himmel, der sich ein ums andere Mal in Regenströmen entlädt.
Die Vampire in UNDERWORLD sind keine herumlungernden, abgewrackten Nachtgestalten, die heimlich aus ihren Friedhofsgräbern hervorkriechen, sondern eine geradezu dekadente, im Überfluss schwelgende Gesellschaft von Untoten, die sich selbst der Upper Class zugehörig fühlt und stilgerecht in einem altmodisch-luxuriös ausgestatteten Schloss leben und deren Fuhrpark sich nur aus feinsten englischen Luxuskarossen à la Rolles Royce zusammensetzt.Was ihre Waffensammlung angeht so besteht diese aus allerhand vielseitig einsetzbaren Schusswaffen und andere scharf-blitzende Nettigkeiten, die z.B. aussehen wie rasiermesserscharfe Ninjasterne.
Und ein guter Waffenmeister hat auch noch ein paar fiese Tricks auf Lager. Die Lykaner hingegen sind grobschlächtige, ungezügelt mordende Bestien, die sich im Untergrund verstecken. Kate Beckinsale in schwarzem Lack-und-Leder-Kampfoutfit ist Idealbesetzung als toughe Jägerin mit Sex-appeal, die beidhändig alles niederballert was zu viele Haare auf der Brust hat. Eine neue Rolle für Beckinsale - war sie doch sonst eher im komödiantisch-dramatischen Fach zuhause. Ebenso überzeugend agiert Michael Sheen als blutrünstiger Anführer Lucian, der die Werwölfe im Krieg gegen die Vampire anführt.
Was die Effekte angeht so bestehen diese aus einem Mix aus realen und digitalen Effekten inklusive Zeitlupen. Bei der Werwolfverwandlung wird dabei vermehrt in die digitale Trickkiste gegriffen, die dann aber doch nicht so überzeugend sind wie die legendären Effekte von Rick Baker in AN AMERICAN WERWOLF IN LONDON (1981). Doch darf man sich auf die feinen handgemachten Effekte beim Zubeissen langzähniger Oberkiefer freuen. Und für die sehenswerten animatronischen Effekte zeichnet Patrick Tatopoulus (GODZILLA) verantwortlich.
Gedreht wurde die amerikanisch-deutsch-österreichisch, ungarisch-englische Koproduktion Ende 2002 in Ungarn und Tschechien (so konnte der Dreh mit 25 Mio USD recht preiswert durchgezogen werden) mit ungarischer, deutscher und österreichischer Besetzung. Für den düsteren Sound sorgte der Österreicher Paul Haslinger (Tangerine Dream). UNDERWORLD verschenkt zwar einige Möglichkeiten und endet 'unvollständig' was aber den Unterhaltungswert an edler Optik, düsteren Kulissen, zuschnappenden Gebissen und den zahlreichen Shoot-outs nur ein wenig mindert. Genrefans sollten sich UNDERWORLD nicht entgehen lassen.
