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  Fantasy Filmfest 2008

Das Martyrium beginnt

Das 22. Fantasy Filmfest macht Station in Stuttgart vom 03.-10.09.08. U.a. steht Schauderhaftes aus Frankreich und Kampfkunst aus Fernost zur Wahl. Wer sich gerne mal auch Filme abseits des Mainstreams im Kino ansieht für den ist dieses Festival Pflicht, denn die meisten Filme werden direkt in die Videotheken wandern. Ob inhaltlich unversehrt ist zudem nicht garantiert.

Eine Vorschau.

Der Programmplan ist schon seit einiger Zeit online verfügbar, der Countdown-Zähler erinnert konsequent an das bevorstehenden Ereignis und am Montag, den 25.08. beginnt der Kartenvorverkauf. Das Fantasy Filmfest kommt endlich wieder nach Stuttgart und verspricht nach den Appetithäppchen der Nights im April wieder deftige Kost und horrormässigen Genrespaß. Was aber zunächst auffällt ist, dass dieses Jahr ein paar Filme weniger am Start sind. Dass mag bei knapp 70 Filmen dem Gelegenheitsgucker so ziemlich am Allerwertesten vorbeigehen, nicht aber dem Dauerkarteninhaber, der für ein Maximum an 38 Filmen 175 € locker macht. Ob uns da einige filmische Gurken erspart bleiben werden wir nie wissen. Dass aber der eine oder andere "Stinker" unter den angebotenen Streifen mit dabei ist, ist unvermeidlich und für regelmäßige Besucher des FFF so sicher wie die obligatorische Schlachtplatte beim Festival. Womit wir beim Thema wären: Der Film, der unter Hardcore-Horror-Fans wohl besondere Aufmerksamkeit genießen dürfte ist der französische Beitrag ‚Martyrs', der in der Blutspur von ‚Haute Tension', ‚Inside' und ‚Frontier(s)' daherkommt und sich anschickt deren explizite Gewaltdarstellung noch zu toppen. So euphorisch äußern sich jedenfalls Rezensionen diverser dem Genre zugeneigter Websites (z.B. bloody-disgusting.com: "MARTYRS is this year's INSIDE, both films are legendary in their own right ... By the end of the film MARTYRS becomes immensely uncomfortable, and making it through the final 30 minutes is a tough task"), die den Streifen von Paul Laugier bereits auf der Festivaltour gesehen haben. In Frankreich startet der Schocker am 03.09., frei ab 16 Jahren - da sind unsere französischen Nachbarn nicht so streng. Ist ‚Martyrs', bei dem zwei Mädchen auf Rachefeldzug sind, nur annähernd so derb wie einer der genannten französischen Vorläufer, dann wird man wohl wieder nur hier beim FFF Gelegenheit haben das Werk ungeschnitten zu sehen. Am Beispiel von ‚Inside' konnte man ja zuletzt wieder sehen wie gnadenlos die deutsche Zensur zuschlägt und potentielle DVD-Käufer ins amerikanische Ausland vergrault.

Ein weiteres splattriges Event - ‚Lady Blood' - wurde vom Veranstalter bereits zurückgezogen. Grund unbekannt. Schade auch, denn der Film von Jean-Marc Vincent hat noch nicht einmal in Frankreich einen Starttermin. Aber französisches Kino muss nicht nur das Aufschlitzen von Arterien oder das Zeigen sonstiger Grobheiten beinhalten. Gespannt erwartet man da z.B. den neuen Film von Jean Dujardin, z.Zt. mit der Satire ‚39,90' im Kino und letztes Jahr als Jäger des Mörders seiner Tochter (‚Counter-Investigation') und depperter Geheimagent unterwegs (OSS 117). In der Gangsterthrillerkomödie ‚Ca$h' trifft er dabei auf Jean Reno. Strippenzieher hinter der Kamera ist Eric Bresnard, der Drehbuchschreiber vom neuen Vin-Diesel-Sci-fi-Kracher ‚Babylon A.D.' und ‚Cash Truck'. Letzterer lief 2004 auf dem FFF. In Frankreich ist Ca$h bereits im April angelaufen und wurde nicht gerade mit Lobpreisungen überschüttet. Gegen ‚Iron Man' konnte man schon gar nicht am Boxoffice bestehen, doch trotz allem waren über 1 Million Franzosen für den Spaß zu haben. Bresnard liefert außerdem noch die Story für einen weiteren Crime-Thriller. ‚The Protocol' (OT: Le Noveau Protocol), der als actionintensiver Politthriller beschrieben wird. Mit dabei Clovis Cornillac vom letztjährigen Thriller ‚The Snake' (im September als dt. DVD). Das Programmheft verspricht quasi den Gehörsturz bei der Cop-Ballerparade ‚Crossfire' (OT: Les Insoumis) und zieht Vergleiche mit dem 2002er-Knaller ‚Das tödliche Wespennest'. Klingt gewagt, aber dass die Franzosen packende Cop-Thriller mit ordentlich Schmackes inszenieren können sollte sich rumgesprochen haben. Im Heimatland bereits seit Juni im Programm ... vom Publikum verschmäht und von der Kritik verrissen. Gleich zwei Gründe sich selbst zu überzeugen, wenn da nicht ein Parallelfilm aus Kolumbien wäre.

Dog Eat Dog' (OT: Perro Come Perro) wird schon als Latin ‚Pulp Fiction' angepriesen und der kriminelle Inhalt macht schon Lust auf südamerikanisches Kino, zudem noch ein Regiedebüt. Die Kombination kriegt man ja nicht alle Tage. Aber bleiben wir noch einen Augenblick bei den Franzosen. ‚Melody's Smile' (OT: La chambre des morts) könnte sich lohnen. Alfred Lot gibt bei diesem/dieser Psychothriller/ Bestsellerromanverfilmung ebenfalls sein Regiedebüt. Als ermittelnde Polizistin in einem Entführungsfall ist Mélanie Laurent im Einsatz, die letztes Jahr mit ‚Keine sorge mir geht's gut' und erst kürzlich mit ‚So ist Paris' im Kino zu sehen war. Der Hollywood Reporter hat ‚Melody's Smile' bereits zum ‚Horror Klassiker' ausgerufen. Wer's glaubt .. die anderen überzeugen sich selber davon. Andere europäische Länder sind, wenn auch zahlenmäßig nicht so stark, wieder mit interessanten Beiträgen am Start. Z.B. 2x Thrill/Drama aus den Niederlanden ist im Angebot. Zum einen die ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen einer Albinofrau und einem Blinden, das durch eine ausdrucksstarke Fotografie überzeugen soll (‚Blind'). Zum anderen erzählt Pieter Kuijpers die Begegnung eines Mörders/Sexualstraftäters mit einem 13jährigen Mädchen in ‚Nothing to Lose' (OT: TBS). Weniger psychologische Spielereien als schnittige, blutdurchtränkte Szenen darf man wohl in Ryuhei Kitamuras ‚The Midnight Meat Train' und Darren Lynn Bousmans ‚Repo! The Genetic Opera' erwarten. Kitamura, der sich mit ‚Versus' schmücken kann, verfilmt eine Kurzgeschichte von Horror-Maestro Clive Barker und Bousman sein eigenes Bühnenstück. In seinem Horrorstück treten auf: Paris Hilton und Paul Sorvino (yep, der Vater von Mira dreht immer noch Filme). Zur Erinnerung/Warnung: Bousmann hat drei ‚Saw'-Filme inszeniert!

Mit Spannung erwartet wird der Nachfolgefilm von Brad Anderson, der Mann, der mit ‚The Machinist' und einem abgemagerten Christian Bale begeistert und geschockt hat. ‚Transsiberian' heißt der Thriller ... es geht u.a. um Mord .. und man fährt ... im Zug. Abfahrt hier beim Festival, ab 11.12. dann regulär in ausgesuchten Kinos. Wer also warten kann, der sieht stattdessen den Parallelfilm: ‚Virus Undead' - eine deutsche Produktion mit Zombies ? Geht das ? Und schon wieder ein Virus ? Was sich auf jeden Fall vielversprechend liest ist die Auswahl an asiatischen Filmbeiträgen. ‚Three Kingdoms: Resurrection of the Dragon' und ‚Warlords' sind schon als DVD-Abspieler klasse, da dürften die opulenten Schlachten und Statistenaufmärsche in der Cinemascope-Ausstrahlung auf einer großen Kinoleinwand doppelt wirken. Donny Yen ist zwar auch mit ‚An Empress and the Warriors' vertreten, kann aber bei weitem nicht die Zugkraft der beiden vorher genannten chinesischen Streifen erreichen. Außerdem läuft im Parallelkino der schwedische Vampirfilm ‚Let The Right One In' (OT: Lat Den Rätte Komma In) der Jugendfilm, Horror und Liebesgeschichte zusammenführt. Und das klingt doch sehr vielversprechend. Bevor noch der eine oder andere Satz zum skandinavischen Kino fällt soll aber der asiatische Ansatz vollendet werden. Takashi Miike ist wieder mit von der Partie und nicht erst seit ‚Ichi, the Killer' in jedem Film für Überraschungen gut. Sein neuestes Werk heißt ‚Like A Dragon' und Miike feiert sicherlich wieder ein Feuerwerk an Absurditäten im Yakuza-Milieu ab. Aber bei Miike-Filmen sind die Chancen immer 50:50 ob Trash-Schund oder nicht. Ein Erlebnis sind seine Filme trotz allem eigentlich immer. Gangsterfilmspezialist Johnnie To liefert mit ‚Mad Detective' einen zwar ungewöhnlichen Thriller, gepfeffert mit ordentlich Wahnsinn, kommt aber letztlich nicht über den Durchschnitt raus.

Crime-Thriller aus Korea sind immer einen Blick wert insbesondere, wenn es sich um den in der Heimat äußerst populären Serienkillerbeitrag ‚The Chaser' (der Abschlussfilm) handelt. Leonardo DiCaprio hat sich bereits die Remake-Rechte gesichert, denn spätestens seit seinem Mitwirken im oscarprämierten ‚Infernal-Affairs'-Remake ‚The Departed' weiß auch er was für grandiose Stoffe in Asien zu finden sind. Ob der Exploitation-Beitrag ‚Sasori' von Joe Ma dazugehört bleibt abzuwarten. Er erzählt von Stress im Frauenknast! Von Filmen aus Vietnam und Thailand kann man sich im übrigen auch überraschen lassen. Und da könnte sich ja auch durchaus der nächste Martial-Arts-Knaller verbergen. Nochmal ein Wort zum skandinavischen Film. Da darf Ole Bornedal, gefeierter Regisseur von ‚Nightwatch', beim Festival gleich zweimal ran. Es bleibt zu hoffen, dass er mit ‚The Substitute' und/oder ‚Just Another Lovestory' wieder zur eigenen Stärke findet. Nicht verpassen sollte man die Möglichkeit mal einen Genrefilm aus Griechenland zu sehen. Yorgos Noussias hat vor zwei Jahren mit dem Zombie-Schocker ‚Evil' (OT: Kako, To) beim Oldenburger Filmfest gezeigt, dass man auch mit einem schmalen Budget und viel Leidenschaft was Ansprechendes zustande bringen kann. Vielleicht kann Alexis Alexiou mit seinem Psychothriller ‚Tale 52' (OT: Istoria 52) daran anknüpfen. Zwei alte Recken zeigen sich auch wieder: Belgien-Kampfsportexport Jean-Claude Van Damme spielt sich selbst und selbstironisch in ‚JCVD' und ‚Evil-Dead'-Held Bruce Campbell spielt sich selbst und auch selbstironisch in ‚My Name is Bruce'. Wer Campbells Trash-Werk ‚Man with the Screaming Brain' gesehen hat, der kann sich ausmalen was da auf einen zukommen könnte.

Einen Meister des Horrors sollte man noch erwähnen, auch wenn sein Werk ‚Mother of Tears' nicht zu seinen besten Werken zählt: Dario Argento. Fies, brutal und blutig geht er jedenfalls zur Sache und sollte damit die hingebungsvollen Fans ansatzweise zufriedenstellen. Zwei Klassiker des Horrorfilms werden zudem gezeigt. Christopher Lee in ‚The City of the Dead' und ‚Taste the Blood of Dracula'. Gute Idee, aber ... zu blöd aber auch, dass man diese Doppelvorführung parallel zum Screening von ‚Martyrs' gelegt hat. Welcher Saal da voll wird, dürfte nicht schwer auszurechnen sein. Animationsfreunde dürfen schon einmal die Karten für ‚Waltz With Bashir', ‚Terra', Afro Samurai' und ‚Evangelion: 1.0 You Are [Not] Alone' lösen. Zuletzt bleibt zu hoffen, dass Maria Bello nach dem uninspirierten ‚Mumien'-Auftritt in ‚Downloading Nancy' wieder als ernstzunehmende Schauspielerin auftritt. Das Thema ließ schon ganz Amerika aufhorchen: Sadomasochismus oder kurz S/M. Soweit ein Vorgeschmack. Das ganze ausführliche Drama gibt's auf der offiziellen Veranstalterseite. Da steht dann auch was über den Eröffnungsfilm ‚Eden Lake' , der inhaltlich wie ein zweiter ‚Timber Falls' rüberkommt und in der aktuellen Ausgabe der britischen Total Film schon den ersten Verriss für sich verbuchen kann ("cooked-to-formula script sinks to the level of the gutter press ..."). We'll see. Und wohl bekomm's.

Markus Klingbeil. 22.08.08. Bilder: Verleih
 
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