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1998

Bilder © Home Vision Entertainment
**** Little Tony
alex van warmerdam


Ein 45-jähriger Farmer mit Lese- und Schreibschwäche kann die Finger nicht von der Nachhilfelehrerin lassen, die seine Ehefrau engagiert hat.

Der Niederländer Alex Van Warmerdam (Die letzten Tage der Emma Blank) hat Kunst studiert, liebt die Malerei und das Theater. Und das spiegelt sich in seinen Filmen wieder. Statt hektische Kameraschwenks liefert er statische Bilder, wie Gemälde, die durch ihre nuancierten Charaktere mit Leben gefüllt werden. Ein eigenwilliger, bisweilen bitterböser Humor zeichnet seine Geschichten aus. „Little Tony“ ist Van Warmerdams vierter Kinofilm bei dem er wie so oft auch wieder die Hauptrolle übernimmt (Musik, Drehbuch, Produktion fallen ebenfalls in sein Aufgabenbereich). Adaptiert hat er die Geschichte von seinem eigenen Bühnenstück. Hierin geht es um einen Farmer, der schlicht Brand heißt (Alex Van Warmerdam) und mit seiner Frau Keet (Annet Malherbe, seine Ehefrau auch im echten Leben) auf dem Land lebt. Ein kleines Wohngebäude und eine Scheune, viel Gemüse, ein paar Hühner, eine Ziege und holländisches Flachland drumherum soweit das Auge reicht. Während Keet zur Arbeit und zum Einkaufen in die Stadt fährt bleibt Brand immer zu Hause, kümmert sich um die Landwirtschaft. Später am Tag, wenn der Fernseher läuft und alte amerikanische Filme im Programm sind, muss Keet die niederländischen Untertitel laut vorlesen (ja, im Gegensatz zu Deutschland wo alles synchronisiert wird hat unser Nachbarland eine Kultur für Originalfassungen). Eines Tages jedoch bringt sie die einige Jahre jüngere Lena (Ariana Schluter) mit nach Hause. Sie soll Brand Lesen und Schreiben beibringen. Die hat allerdings keine Ahnung auf was sie sich da wirklich einlässt.

Van Warmerdam hatte sich ursprünglich gesträubt den Film zu machen, weil er zunächst glaubte, dass der Stoff so nur auf der Bühne funktioniert. Gut, dass man ihn schließlich doch überreden konnte, denn auch wenn diese ungewöhnliche Ménage-à-trois zum großen Teil im selben Wohnraum stattfindet und man die Herkunft der Geschichte ahnt wirkt das Schauspiel nie wie verfilmtes Theater, weil Van Warmerdam Variationen einbaut. Oft überraschend und sehr direkt reagieren die Figuren aufeinander (z.B. Brand zu Lena in der zweiten Unterrichtsstunde: „Kann ich eine Ihrer Brüste sehen ? … die rechte.“). Doch nicht nur die verbale Auseinandersetzung erfreut auch Gestik und Mimik tragen insbesondere viel dazu bei, dass die Szenen frisch, amüsant und unorthodox wirken. Seinen Spaß hat Van Warmerdam vor allem auch mit zwei Türen im Haus, die perfekt aufeinander abgestimmt durch das hin und her der Personen immer wieder auf- und zugehen. Das Timing erinnert dabei an Meister der Slapstick wie die Marx Brothers. Aber auch mit etwas „Action“ wird die Story abwechslungsreicher, sei es dass sich der zum tragischen Helden mutierende Brand mal an die Tür eines fahrenden Autos hängt oder in der Scheune in den Abgrund starrt. Trotz seiner Absurditäten wirken die verschiedenen Bausteine des Plots letztlich gar nicht so weit hergeholt hat man sich erst einmal in die Personen hineinversetzt. Das Leben ist einfach schräg. Dass dies auch bildlich schön dokumentiert wird liegt an Kameramann Marc Felperlaan, der hier zum vierten und letzten Mal für Van Warmerdam drehte.

DVD (HVE, NTSC, Code 1, 96 min)

Die amerikanische Import-DVD (Produktionsjahr 2006) kommt im Standard-Amaray mit farbigem Einlageblatt zum Film (Kapitelaufzählung. Production Credits).
Bild: 1.66:1 (nicht anamorph); Dem 4x3-Letterbox-Format fehlt es an Schärfe, ansonsten recht gute Bildqualität.
Untertitel: englisch (in gelb), sind im Bild positioniert, doppelzeilig; (optional).
Ton: DD 2.0 Niederländisch; nicht immer gut, stellenweise leichtes Knacken.
Extras: Interessantes Interview mit Van Warmerdam (11 min); er spricht englisch; Trailer für drei Van-Warmerdam-Filme, die vom Label Home Vision Entertainment (HVE) auf DVD herausgebracht wurden: The Dress, Grimm und Little Tony.

Kleiner Film mit tollen Darstellern, skurriler Geschichte und konsequentem Finale. Multitalent Van Warmerdam überzeugt auf allen Gebieten.

Text © Markus Klingbeil
21.06.2014

Little Tony
(Kleine Teun aka Der kleine Toni)

Niederlande 1998. Farbe. Originalsprache: Niederländisch. Länge: 96 Min. (NTSC) Bildverhältnis: 1.66:1 Kinostart: 30.04.1998 (NL) 04.11.1999 (D). Budget: n/a Regie: Alex van Warmerdam. Drehbuch: Alex van Warmerdam. Kamera: Marc Felperlaan. Schnitt: Stefan Kamp. Musik: Alex van Warmerdam. Darsteller: Alex van Warmerdam, Annet Malherbe, Ariane Schluter, Sebastiaan te Wierik, Aat Ceelen, Beppe Costa, Maike Meijer.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih