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2007
Bilder © X-Verleih / Warner Bros.
*** Funny Games U.S.
michael haneke


Ann (Naomi Watts) und George (Tim Roth) sind gerade mit ihrem 12jährigen Sohn Georgie und ihrem Segelboot im Wochenendhaus angekommen, da stehen zwei in weiß gekleidete junge Männer (Michael Pitt, Brady Corbet) in der Tür. Doch die anfangs höflichen Umgangsformen kippen blitzschnell in Gewaltakte um und es beginnt ein gnadenloses, perfides Spiel ums Überleben.

Schon 1997 kam der Film ‚Funny Games' in Europa in die Kinos. Der Regisseur ist damals wie heute der Österreicher Michael Haneke. Das Thema ist dasselbe, die Einstellungen sind identisch, der ganze 2007er Aufguss unterscheidet sich vom erzählerischen Konzept - bis auf Kleinigkeiten - nicht von der Erstverfilmung. Haneke hatte schon mit seiner deutschsprachigen Version der 90er das amerikanische Gewaltkino im Visier, doch außer ein paar internationalen Kritikern, die das Lesen von Untertiteln nicht scheuen, schien seine Intention, die Message an den Mann/ die Frau zu bringen, verpufft zu sein.

In Amerika lassen manche Kritiker diesbezüglich verlauten, dass die neue Version, die wirksamere sei. Kann denn durch die Unkenntnis der Sprache und dem Vertrauen auf eine korrekte Übersetzung in den Untertiteln ein Film beim Betrachter so viel von seiner emotionalen Wucht einbüßen ? Eine Anpassung ans englischsprachige, ans internationale Publikum nimmt Haneke also vor, besetzt in England und Amerika bekannte Darsteller wie Tim Roth (Dark Water) und Naomi Watts (King Kong), passt die Sprache in einigen Details an lokale Verhältnisse an - 'Funny Games U.S.' spielt irgendwo in der Gegend um New York .

Doch wer das deutschsprachige Original einmal gesehen hat, dem fällt beim gedanklichen Übersetzen der englischen Dialoge ins Deutsche auf, dass Haneke sich hier treu geblieben ist. Warum also nach all den Jahren noch einmal ? Das Original war schockierend und emotional aufwühlend eben dadurch wie realitätsnah die Szenenabfolge gestaltet wurde. Der Horror kommt in Gestalt zweier junger Männer, die sich freundlich und wohlerzogen geben und nur um eine Nachbarschaftsgefälligkeit bitten. Ein paar rohe Eier, bitte. Das Grauen, das mit diesen unbequemen Sadisten und Mördern Einzug erhält in eine alltägliche, normale Familienwelt spiegelte sich insbesondere in Mimik und Gestik von Ulrich Mühe (Das Leben der anderen) und Susanne Lothar ab.

Die Messlatte für diese uneingeschränkt überzeugende Darstellung der beiden Schauspieler liegt hoch und Roth und Watts vermögen es nicht eine ebenso intensive Leistung abzuliefern. Das soll aber deren Leistung an sich nicht schmälern. Dasselbe Gefühl hat man beim Vergleich der vier Täter - auf der einen Seite Arno Frisch und Frank Gierig, auf der anderen Seite Michael Pitt und Brady Corbet. Insbesondere Frisch agierte so unerwartet charmant und teuflisch zugleich, das einem als Betrachter nur das blanke Entsetzen in die Glieder fahren konnte. Pitt hat zwar in seiner Laufbahn schon mehrere verquere Charaktere verkörpert, kann hier aber nicht die Performance von Frisch übertreffen.

Man hat ohnehin während des Films das Gefühl, dass ‚Funny Games US' - wie der Titelzusatz schon angibt - in erster Linie für das amerikanische Publikum gemacht ist ... wenn es das denn auch gibt. Doch die Lektion, die Haneke hier präsentiert wird hier wohl kaum das Klientel ansprechen das sich vorwiegend auf die effektlastigen Psycho-Splatter- und Folter-Horror-Szenen stürzt. Denn auch wie seine erste Version werden uns quälend lange andauernde Bildeinstellungen präsentiert und es geschieht bis auf eine Szene die Gewaltausübung abseits des Blicks der Kamera, also auch des Publikums. Uns, das Publikum selbst nimmt Haneke ebenfalls aufs Korn, konfrontiert es auf direkte Weise mit den Ereignissen auf der Leinwand in dem die beiden psychopathischen Gewalttäter direkt in die Kameralinse lächeln und verstörende Kommentare abgeben.

Ein bisschen nimmt sich Haneke allerdings zurück - nach der ‚Rückspulsequenz - was die Frage aufwirft ob diese Korrektur wirklich nötig sei. Düster und zynisch-brutal ist das Ende aber immer noch. Letztendlich mag Haneke, der die Möglichkeit zur Neuverfilmung sicher dem Erfolg mit 'Caché' zu verdanken hat und in Naomi Watts eine Fürsprecherin fand - sie ist nicht nur Hauptdarstellerin sondern wird auch als Produzentin (neben ein Dutzend anderer Namen) geführt - jetzt zufrieden sein. Aber wirklich nötig war die Neuauflage nicht. Auch andere Regisseure haben versucht ihre im Heimatland beachteten Filme zu amerikanisieren - George Sluizer drehte ‚Spoorlos' nochmal als ‚The Vanishing' und Ole Bornedal seinen ‚Nattevagten' als ‚Nightwatch'. Aber besser funktioniert haben die Remakes deshalb nicht. Das Lokalkolorit hat eben doch so seinen, wenn auch zunächst unscheinbaren Effekt.

Haneke dreht seinen Film ‚Funny Games' noch einmal: Bild für Bild, ohne Hektik, mit international bekannten Darstellern und in englischer Sprache. Doch wer schon beim Original mit Ulrich Mühe und Susanne Lothar gelitten hat, der wird diese Intensität beim US-Remake nicht wiederfinden und kann sich diese Version eher schenken. Wie grausam und gleichgültig Menschen mit dem Leben anderer umgehen kann man ja fast wöchentlich in den Medien sehen. Dafür braucht es aber nicht dieselbe filmische Provokation wie vor 10 Jahren.


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 27.04.2008

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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