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1971
Bilder © Verleih

TRAILER
(.wmv ; 10.5 MB)

** Four Flies on Grey Velvet
dario argento


Roberto Tobias (Michael Brandon), Schlagzeuger in einer Rockband, wird schon seit längerer Zeit von einem Unbekannten verfolgt. Als Roberto ihn in einem bruchfälligen Theater zur Rede stellt, zückt der ein Messer und während des Handgemenges wird der Mann tödlich verletzt. Eine maskierte Gestalt hat den Vorfall photographiert und Roberto, der nicht zur Polizei geht, wird fortan erpresst und auch körperlich bedroht.

Der finale Teil der sogenannten Tier-Trilogie (nach The Bird with the Crystal Plumage/ Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe, Cat O' Nine Tails / Die neunschwänzige Katze) sollte zunächst Argentos letzter Giallo sein, da der Regisseur sich nicht auf diese Art des italienischen Thrillers beschränken wollte. Zudem rief der Erfolg seiner bisherigen Werke andere Regisseure auf den Plan, die versuchten Argentos Stil zu kopieren und selbst vor Tiernamen im Filmtitel nicht zurückschreckten. Die Geschichte von ‚Vier Fliegen auf grauem Samt' , die Argento zusammen mit Luigi Cozzi und Mario Foglietti erdachte ist aber konfus und auch durch Argentos wirre Bildfolge spannungsarm inszeniert.

Der Amerikaner Michael Brandon, bei uns durch die britische 80er-Krimiserie ‚Dempsey & Makepeace' bekannt geworden, taumelt hier in seiner erst zweiten Filmrolle recht ahnungslos durch die Handlung und wirkt wenig sympathisch, so dass der Betrachter auch wenig Grund hat mit der Figur mitzufiebern. Als scheinbarer Mörder erkennt man in Roberto keine inneren Konflikte, die ihn dazu veranlassen könnten doch zur Polizei zu gehen und seine Sichtweise zu schildern. Stattdessen plagt ihn ein wiederkehrender Albtraum von einer Enthauptung und er rätselt was der Erpresser eigentlich will. Der tötet seine Katze und schickt ihm Photos, die ihn beim Gerangel mit dem Unbekannten zeigen. Zeit für einen Seitensprung mit der Cousine seiner Frau hat Roberto aber schon. Farblos wie Brandon bleiben auch seine Mitspieler, wie die Amerikanerin Mimsy Farmer, als Brandons ängstliche Ehefrau, der Franzose Jean-Pierre Marielle als schwuler Privatdetektiv oder Bud Spencer als Ratgeber namens God.

Argento wollte schon mit ‚Die neunschwänzige Katze' keine Kopie seines Erstlings machen und auch mit 'Vier Fliegen auf grauem Samt' entstand ein Film, der sich deutlich von den anderen Produktionen unterscheidet. Dass ein irrer Killer wieder ohne wirklich nachvollziehbare Gründe einige unschuldige Menschen aus dem Weg räumt ist aus dem Ouevre Argentos bekannt, aber die Art und Weise wie die Morde gezeigt werden ist dann zwar einigermaßen innovativ gefilmt - insbesondere, wenn ein Opfer beim herunterrutschen auf den Treppenstufen punktgenau mit der Kamera begleitet wird - doch die sichtbare Gewalt, die in ‚Die neunschwänzige Katze' schon drastischer gezeigt wurde, wirkt hier deutlich reduziert. Auch die subjektive Kamera, die den Betrachter in die Position des Killers versetzt, und zuletzt von Argento verstärkt und sehr effizient eingesetzt wurde, bekommt in ‚Vier Fliegen ...' weniger Spielraum und wirkt auch bei weitem nicht mehr so bedrohlich und abschreckend.

Argento spielt mit der Erwartungshaltung des Publikums und vergisst dabei den notwendigen Spannungsaufbau. Vielmehr sind eine ganze Reihe Szenen enthalten, die unangebrachte Komik transportieren, z.B. wenn der Postbote auftaucht und der schwule Detektiv ermittelt, der noch nie einen Fall gelöst hat. Homosexuelle Charaktere waren bereits in Argentos vorherigen Filmen vertreten, gespielt von den Deutschen Werner Peters und Horst Frank. In ‚Vier Fliegen ..' hatte aber Marielle selbst die Idee dazu doch wirkt seine Darstellung wieder mehr nach einem Griff in die Klischeekiste. 2006 war der Franzose in dem Welterfolg ‚Da Vinci Code' in einer Nebenrolle zu sehen. Bud Spencers Figur wirkt seltsam deplaziert, ja fast schon überflüssig und sein Spiel wirkt einem Spannungsanstieg entgegen auch wenn man fairerweise anmerken muss, dass der Rolle nur wenig Platz in der zusammengeschusterten Handlung eingeräumt wird. Da sieht man sich doch lieber einen Bud Spencer im Doppelpack mit Terence Hill an.

Argento selbst sagt, dass Vorbereitung und Dreharbeiten zu ‚Vier Fliegen ...' durch Veränderungen in seinem Privatleben geprägt waren (Scheidung, Sorgerecht für Tochter Fione) und er auch durch den Erwartungsdruck von außen mehr experimentierfreudig in bezug auf Filmstil, Farbgebung, Musik und Schauspielerei war. So verkrachte sich Argento mit Ennio Morricone, weil ihm dessen Score nicht gefiel und auch Schnittmeister Franco Fraticelli musste in der Post-Production nach Differenzen mit dem Regisseur seinen Stuhl für Francoise Bonnot räumen.

DVD

‚Vier Fliegen auf grauem Samt' mag wohl einer, wenn nicht der Film von Argento sein, den man nicht in einer akzeptablen Fassung auf DVD geliefert bekommt. Es gibt zwar eine DVD, die sowohl den deutschen, italienischen als auch den englischen Ton anbietet und den Film sogar im anamorphen Breitbildformat (1:2.35) liefert, doch die wird von verschiedenen Quellen als Bootleg-Version beschrieben. Die Qualität, insbesondere die Bildqualität ist jedenfalls sehr bescheiden, setzt sich das Material aus einer verschlissenen Vorlage von im Kinobetrieb verwendeten Filmrollen und Schnipseln von Videokassette zusammen. Von Bildschärfe kann man nicht reden. Auch bei der deutschen Tonspur gibt's Probleme, klingt sie doch durchweg blechern, so dass dann doch die italienische Tonspur mit deutschen Untertiteln vorzuziehen ist.
Die wenigen Extras (Trailer) wie ein alternativ geschnittenes Ende stammen z.T. auch von einer schlechten Videokassettenvorlage. Da der Film selbst zu den schlechteren Werken Argentos zählt und der Film in keinem guten Zustand vorliegt ist von einem Kauf abzuraten. Wer weiß, vielleicht schafft es Blue Underground ja doch noch in nicht allzu ferner Zukunft die Rechte an ‚Vier Fliegen ...' zu ergattern und eine gewohnt gute Präsentation eines Genre-Films hinzulegen.

Man muss Argento zugute halten, dass er nach zwei soliden, aber doch unterschiedlichen Murder Mysteries in seinem dritten Spielfilm wieder neue Dinge probiert, vertraute Szenarien verändert und seiner Experimentierlust frönt. Das Endergebnis wirkt aber wenig durchdacht, ja konfus, spannungsarm und blutleer mit einer internationalen Besetzung, die planlos durch die Handlung stolpert.


Text © Markus Klingbeil
01.06.2008

Four Flies on Grey Velvet

(4 mosche di velluto grigio aka Vier Fliegen auf grauem Samt)

ITA/FRA 1971. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 97 min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: 17. 12.1971 (ITA) 19.05.1972 (D) Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Dario Argento. Buch: Dario Argento, Luigi Cozzi, Mario Foglietti. Kamera: Franco Di Giacomo. Schnitt: Françoise Bonnot. Musik: n/a. Darsteller: Michael Brandon, Mimsy Farmer, Jean-Pierre Marielle, Bud Spencer, Aldo Bufi Landi, Marisa Fabbri
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih