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1962
Bilder © ZDF / Universal
**** Einsam sind die Tapferen
david miller


Ein Cowboy kämpft mit den Widrigkeiten einer zivilisierten Gesellschaft, die ihm vorschreiben will, was er tun darf und was er lassen muss. Ein Sheriff soll ihn wieder einfangen.

Ungestört in der friedlichen Natur im Gras liegen, den Hut tief im Gesicht, und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen während ein paar Meter entfernt das Pferd vergnügt wiehert – das klingt nach einem prächtigen Cowboyleben. Doch die Schönheitsfehler mehren sich schnell. Fluglärm, Autolärm, viel befahrene Schnellstraßen, eingezäunte Weideflächen, Verbotsschilder. Die Geschichte des hier vorgestellten Protagonisten John W. Burns, oder einfach nur Jack, hat schon etwas trauriges, denn sie erzählt von einem Traum der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten wie ihn die Rancher, Cowboys, Viehtreiber im 19. Jahrhundert aktiv gestalteten. Jack allerdings lebt im 20. Jhdt, hat im Koreakrieg in der US-Armee gedient, Auszeichnungen erhalten, sich aber immer gegen Vorgesetzte aufgelehnt und dafür seine Strafe bekommen. Ein wilder Bursche also, der nicht gezähmt werden will. Kirk Douglas (Spartacus, Wege zum Ruhm, Der letzte Zug von Gun Hill) brilliert hier als dieser Cowboy, der aus Mexiko, dort wo er das Leben nach seinem Willen führen kann, herbeieilt um seinen Kumpel Paul (Michael Kane, Die drei Tage des Condor) aus dem Knast zu befreien. Dem drohen zwei Jahre hinter Gittern, weil er illegale Einwanderer versteckt hat.

Was jetzt zum nostalgischen Buddymovie mit Ich-schiess-mir-den-Weg-frei-Attitüde hätte werden können überrascht mit einer weitaus interessanteren Handlungsalternative. Manchmal muss man feststellen, dass sich Dinge geändert haben; die Einstellung zum Leben durch das Setzen neuer Schwerpunkte bei der Zukunftsplanung nicht mehr mit den Visionen der alten Freunde vereinbar ist. Jack und Paul liegen nicht mehr auf einer Linie, denn Paul hat Verantwortung übernommen, er ist Ehemann und Vater eines kleinen Jungen und die Flucht vor dem Gesetz ist keine Option für ihn, würde auch sein Engagement für die Einwanderer verraten. Jack hingegen ist jemand, der nicht zum Familienmensch geboren ist, der seine Freiheit, seine Unabhängigkeit schätzt. Douglas spielt diese Figur aber in einer Art und Weise, dass man seine Handlungen nachvollziehen kann. Humorvoll, lebenslustig, loyal aber auch verständnisvoll und mit einer Herzlichkeit, die kein böses Blut zwischen ihm, seinem Kumpel und dessen Ehefrau zulässt. Gena Rowlands (Wie ein einziger Tag, Die erste Vorstellung), langjährige Lebens- und Filmpartnerin von Independent-Ikone John Cassavettes übernimmt die Nebenrolle der Frau, die sich vor Jahren für Paul entschieden, eine fürsorgliche Liebe zu Jack aber nie aufgegeben hat. Am besten beschreibt dies die wunderbare Szene als Jack um einen Abschiedskuss bittet, der ihm die Kraft geben soll die anstrengende Flucht über die Grenzberge nach Mexiko zu bestehen. Da wirkt nichts gekünstelt.

Überzeugt die erste Stunde des Films vor allem durch die gute Charakterisierung des Umfelds, der Hauptfigur und die durchdachten Dialoge so zieht Regisseur Miller (Unternehmen Tigersprung, Eiskalte Rache) im letzten Drittel die Spannungskurve an, wenn Jack mit seiner 2 1/2-jährigen Stute Whiskey über die Berge flieht, verfolgt mit Jeeps und einem Helicopter von Sheriff Johnson und seinen Männern. Den ständig Kaugummi kauenden Mann des Gesetzes spielt Walter Matthau (Hello Dolly!, Charade, Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3!), der übrigens im Verlauf der Ereignisse nie im gleichen Bildausschnitt mit Kirk Douglas zu sehen ist, aber durch Scharfsinn, amüsante Selbstgespräche und Konversationen mit seinen Deputys einen überzeugenden Auftritt hinlegt. Matthaus Cop ist kein Hardliner mit Schaum vor dem Mund wie vergleichsweise Brian Dennehy, der im 1982 gedrehten ersten „Rambo“-Film Sylvester Stallone in den Wäldern jagt. Nein, man erkennt bei Sheriff Johnson auch den Respekt, den er vor dem Flüchtling hat ohne aber seine professionelle Haltung aufzugeben. Beeindruckend gefilmt ist diese Geschichte, diese Jagd nach Freiheit, in prächtigem schwarz-weiss, im Panavision-Breitformat von Philip H. Lathrop (Der rosarote Panther, Point Blank) untermalt vom guten Score von Jerry Goldsmith, damals vorwiegend noch fürs Fernsehen arbeitend. Ein Jahr später wurde Goldsmiths Filmmusik erstmals für den Oscar nominiert (insgesamt fast 20 Nominierungen in seiner Karriere u.a. für Planet der Affen, Star Trek – Der Film, Basic Instinct), 1976 konnte er den Goldjungen für „Das Omen“ in Empfang nehmen.

„Einsam sind die Tapferen“ mag zwar zu den weniger bekannten Filmen von Kirk Douglas zählen, hat aber für den US-Schauspieler selbst einen hohen Stellenwert. Auch Steven Spielberg ist ein Bewunderer des Films und hat sich beim Filmstudio Universal dafür eingesetzt, dass er für die Nachwelt erhalten bleibt. Auf der US-DVD gibt es ein Feature bei dem Spielberg, Douglas sr., Sohn Michael Douglas und Gena Rowlands sich dazu äußern. Die Geschichte selbst basiert auf einem Roman, den Kirk Douglas' Freund Dalton Trumbo (Johnny Got his Gun, Spartacus) für die Leinwand aufbereitete. Der Roman von Edward Abbey heißt „Brave Cowboy“, Douglas wollte den Film „The Last Cowboy“ nennen. Gepasst hätte aber auch „The Cowboy and his Horse“, denn die besondere Beziehung zum Pferd ist eine zentrales Thema. Ein wahrer Cowboy ist loyal zu seinem Pferd und wie sich die beiden den Berghang hochquälen ist außerordentlich packend inszeniert. Das sind natürliche wirkende Spannungsmomente zum mitfiebern, wie man sie in dieser Form heutzutage nicht mehr so häufig antrifft. Auch die Momente in denen Mann/Pferd gegen Maschine/Straßenverkehr antreten sind in starke symbolträchtige Bilder verpackt, die nachwirken.

Klasse gespielter Abgesang auf das Cowboyleben. Ein freiheitsliebender Mann und sein Pferd im eigentlich hoffnungslosen Kampf gegen eine durch einzwängende Regeln organisierte Gesellschaft. Mit einem Kirk Douglas in Hochform.


Text © Markus Klingbeil
12.02.2012

Einsam sind die Tapferen
(Lonely Are the Brave)

USA 1962. s/w. Originalsprache: Englisch. Länge: 103 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 24.05.1962 (US) 26.10.1962 (D). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: David Miller. Romanvorlage: Edward Abbey ("Brave Cowboy"). Screenplay: Dalton Trumbo. Kamera: Philip H. Lathrop. Schnitt: Leon Barsha. Musik: Jerry Goldsmith. Darsteller: Kirk Douglas, Gena Rowlands, Walter Matthau, Michael Kane, Carroll O'Connor, William Schallert, George Kennedy, Karl Swenson, William Mims.

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