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2012
Bilder © Constantin
** Das Hochzeitsvideo
sönke wortmann


Ein Pärchen, das sich erst vor 3 ½ Monaten kennen und lieben gelernt hat, beschließt zu heiraten. Der Freund des Bräutigams wird damit beauftragt die Ereignisse der Tage davor bis hin zur kirchlichen Vermählung in einer Videodokumentation festzuhalten.

Die US-Filme „Hangover“ (Teile 1 & 2) und „Brautalarm“ waren internationale Kassenhits, die auch vom deutschen Kinopublikum nicht übersehen wurden. Zu befürchten war es, dass sich auch andere Filmemacher konzeptionell von diesem Erfolg eine Scheibe abschneiden wollen. Und ausgerechnet Sönke Wortmann (Die Päpstin, Der bewegte Mann) ist es, der eine deutsche Variante von Pleiten, Pech & Pannen auf dem Weg in die traute Zweisamkeit in die Kinos bringt. Bekannte deutsche TV-Gesichter sucht man allerdings vergeblich rekrutierte Wortmann seine Protagonisten doch aus den Theatern unseres Landes und drehte in Köln und Umgebung (und in Portugal) im Sommer 2011 während der Theaterferien. Die Hoffnung besteht dabei natürlich immer ein herausragendes unbekanntes Talent einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen zu können. Und kostengünstiger wird die Produktion dadurch auch noch verzichtet man auf Stars. Recht begeistern mag einen aber keiner der vielen neuen Darsteller, die sich zwar bemühen aber auch durch ein schwaches Drehbuch behindert werden.

Wie ein fader Abklatsch eben jener genannten US-Komödien wirkt die Geschichte. Ideenlos und klischeebeladen (z.B. Kulturclash: High Society vs. Mittelschicht), ja fast wie nach Checkliste werden peinliche Situationen eingebaut, die beim Zuschauer aber vergeblich das Lachen einfordern. Ob Andeutungen von Blow-Job, Masturbation vor dem TV (es läuft eine Sendung über Hunde) oder dem Quickie hinterm Schlosshotel mit der dicken Bedienung – die „subjektive“ Projektkamera fängt alles ein und kein Mensch achtet darauf welche schmutzigen Geheimnisse digitalisiert werden. „Du löscht das doch wieder, oder ?“ ist die naive Frage zwischendurch und ohne zu insistieren löst sich die Zunge und ein selbstbewusster Ex-Freund der Braut (Pornodarsteller mit Spitzname "Keule") „bereichert“ die vor sich hin dümpelnde Geschichte, bei der eine Stripperin mit Dildo, öffentliches Urinieren einer Frau, verlorene Eheringe und ein irritierter Pfarrer weitere Bausteine von Drehbuchautor Gernot Grickschs Humorverständnis sind. Gricksch schreibt im übrigen auch Romane (z.B. Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe) und betätigt sich als Filmkritiker!

Der ganze Film ist quasi das überlange Hochzeitsvideo bei dem suggeriert wird, dass einer der Protagonisten die Kamera führt (er stellt sich zunächst persönlich vor, sitzt vor der Kamera) und die anderen beobachtet, sie interviewt. Anfangs gibt es dann auch einige Male die typische Schwarzblende, eine Bildunterbrechung, wenn die Kamera abgeschaltet wird. Doch konsequent führt Regisseur Wortmann das nicht fort, folgt nicht dem Beispiel der „lost footage“-Vorbilder sondern will trotz mäßigem Handkameragewackel mehr Sichtperspektiven für eine Szene haben. Die werden dann kurzerhand kommentarlos ohne Rücksicht auf einen kohärenten Erzählstil reingeschnitten. Später gibt es dann noch eine zweite Protagonistin, die mit Kamera auf Interviewfang ist und damit die visuellen Möglichkeiten erweitert. In einer Szene werden zudem zwei iPhones zum Filmen benutzt. So wirkt das ganze wie ein etwas wirrer Rohschnitt, der dilettantisch bearbeitet aber dann inkonsequenterweise mit vielen populären Songs untermalt wurde. Ist man von Akteuren und Handlung ohnehin nicht begeistert dann nervt diese Art der Inszenierung zusätzlich.

Es ist wie so oft, wenn man sich einen überlangen Mitschnitt von einem Ereignis ansieht bei dem man nicht dabei war. Der Verursacher findet es toll, der Zuschauer langweilt sich mit zunehmender Spielzeit. Erst recht wenn es bei den vorgeführten Ereignissen an Originalität und Unterhaltungsqualität fehlt.


Text © Markus Klingbeil
29.03.2012

Das Hochzeitsvideo

D 2012. Farbe. Originalsprache: Deutsch. Länge: 90 Min. Bildverhältnis: 1.85:1 Kinostart: 10.05.2012 (D). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Sönke Wortmann. Idee: Sönke Wortmann. Drehbuch: Gernot Gricksch. Kamera: Maher Maleh, Christian Datumr. Schnitt: Martin Wolf. Musik: n/a. Darsteller: Lisa Bitter, Marian Kindermann, Martin Aselmann, Lucie Heinze, Stefan Ruppe, Christiane Lemm, Michael Abendroth, Susanne Tremper, Matthias Brenner, Simon Eckert.

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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih