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1974
Bilder © NEW Entertainment World
*** Der Berserker
umberto lenzi


Ein psychopatischer Kleingangster (Thomas Milian) will ans große Geld, kidnappt mit seinen zwei Kumpanen die Tochter eines wohlhabenden Unternehmers und hinterlässt auf seinem Weg zum Ziel eine blutdurchtränkte Spur. Der Mailänder Kommissar Grandi (Henry Silva) ist ihm auf den Fersen.

Von 1958 bis 1992 hat Umberto Lenzi (Spasmo) insgesamt 65 Mal Regie geführt und sich in den verschiedensten Genres ausprobiert. Seine berüchtigten Kannibalenfilme der 1980er Jahre sind da nur ein kleiner Teil des Filmschaffens. Weitaus mehr Arbeitsproben hat er z.B. im Genre des Polizeifilms (poliziotteschi) in den 70er Jahren abgeliefert, worunter auch mehrere Zusammenarbeiten mit Thomas Milian sind (z.B. Die Kröte, Die Gewalt bin ich, Die Viper). Der auf Kuba geborene Milian, in den 60ern in vielen Western (u.a. "Der gehetzte der Sierra Madre" oder "Lasst uns töten, Companeros") vertreten spielt in "Der Berserker" einen ziemlich üblen, unsympathischen Zeitgenossen. Zu Beginn vermasselt er einen Banküberfall und erschießt ohne zu zögern einen Polizisten. Weitere Morde folgen und prägen dieses Porträt eines an Minderwertigkeitskomplexen leidenden Gangsters, der Demütigungen mit Maschinenpistolensalven bestraft.

Ein flottes Tempo legt Lenzi vor was vor allem der Inszenierung einer viele Blechschäden nachziehenden Autoverfolgungsjagd durch die Stadt geschuldet ist. Das Hauptaugenmerk gilt dabei aber stets Milians Figur, die sich nach einer gehörigen Abreibung zwei ebenso wenig intelligente Mitstreiter sucht um endlich den großen Coup abzuziehen. Eine Entführung soll viele Millionen Lire Lösegeld bringen und das Todesurteil des Mädchens wird schon gesprochen bevor man sie überhaupt geknebelt in die Kabine eines halben Schiffswracks gesperrt hat. Gewalt erfahren hier keine ausgewählten Personen oder Gruppen, nein, der von Milian mit zuckendem Zeigefinger verkörperte Psychopath namens Giulio Sacchi, dessen vernünftigen Sinne durch Alkohol und Drogen ohnehin getrübt sind, tötete impulsiv ohne Rücksicht auf Verluste und geschmiedete Pläne. Von Egoismus und dem irren Verlangen nach Reichtum angetrieben zieht er eine blutige Spur nach sich deren Zuordnung den immer einen Schritt hinterhinkenden Cops Schwierigkeiten bereitet.

Ein guter Gegner ist es dann auch der in dieser Geschichte fehlt. Dem Amerikaner Henry Silva (Der Schatz des Gehenkten), der ein ebenso markantes Gesicht vorzuweisen hat wie z.B. Lee Van Cleef, wird die Jägerrolle des hartnäckigen Polizisten übertragen doch seine Präsenz im Film wird auf das allernötigste minimiert. An einer Stelle spricht Silvas Figur über die Frustration tatenlos mit ansehen zu müssen wie eingebuchtete Kriminelle sich dank unzureichender Gesetze schnell wieder aus der Umklammerung der Justiz lösen und weiter ihre verbrecherischen Taten vollbringen können. Wenn er dann noch anmerkt man müsse die Typen nicht einbuchten sondern erschießen drückt das die Hilflosigkeit des Polizeiapparates aus und der Geist eines "Dirty Harry" hält Einzug. Lenzi interessiert sich aber nicht für eine gleichwertige Positionierung des Law & Order-Mannes und des Killers sondern füllt die Handlung mit Gewaltepisoden, die aber der Charakterisierung des skrupellosen Bad Boys keine neuen Aspekte hinzufügen.

Unter den zwei Komplizen Sacchis findet sich auch einer der zögernd dessen brutale Vorgehensweise in Frage stellt, Mitleid mit dem gekidnappten Mädchen empfindet aber schwer mit der Dominanz von Leader Sacchi zu kämpfen hat. Gespielt wird diese Rolle von Ray Lovelock, den Freunden italienischer Horror-, Thriller - und Westernkost wohl bekannt. Mit Thomas Milian spielte er zuvor auch in "Töte, Django" (1967). Die Schwedin Anita Strindberg (Who Saw Her Die ?, The Case of the Scorpion's Tail) ist die des mörderischen Treibens Milians unwissende Geliebte, als schmuckes Beiwerk die einzige Frau im Film mit nennenswerten Dialogbeiträgen. Für den Score sorgt Ennio Morricone. Leider wird das an sich gute Titelthema während des Films zu oft eingespielt was bei der x-ten Wiederholung oder Variation etwas einfallslos wirkt.

DVD (NEW Entertainment World, codefrei, 95 min)

Die in Deutschland veröffentlichte DVD liefert den Film in ordentlicher Bildqualität (Altersspuren sind stellenweise sichtbar) und anamorphem 2.35:1-Format. Drei Tonspuren liegen vor (deutsch DD1.0, englisch DD2.0 und italienisch DD2.0), wahlweise sind deutsche oder italienische Untertitel zuschaltbar. Als Extras gibt es den ital. Kinotrailer, eine rollende Texttafel mit Anmerkungen zum Film von Michael Püttmann, eine musikalisch untermalte Bildergalerie, drei weitere Trailer aus dem NEW-Programm und der Soundtrack des Films (über 50 Minuten, 12 Tracks, die einzeln angewählt werden müssen). Über den PC kann man noch 10 Aushangfotos (1969 x 1368 Pixel) und 2 Plakatmotive als TIFF-Datei aufrufen. Die exklusiven umfangreichen Extras der NoShame-DVD aus Amerika finden sich hier leider nicht. Auf 600 Exemplare limitiert ist die Uncut Edition in der großen Hartbox und nur beim Fachhändler des Vertrauens zu erwerben.

Harter Thriller aus der italienischen Polizeifilm-Welle der 70er Jahre, der sich aber zu sehr auf den psychopatischen Mörder und dessen Gewaltexzesse konzentriert anstatt mehr Spannung über die besser gestreute Präsenz seines Jägers, den mit den laschen Gesetzen hadernden aber kühl agierenden Cop, aufzubauen.

Text © Markus Klingbeil
04.05.2011

Der Berserker

(Almost Human, Milano odia: la polizia non può sparare)

Italien 1974. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 95 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 08.08.1974 (ITA). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Umberto Lenzi. Buch: Ernesto Gastaldi. Screenplay: Ernesto Gastaldi. Kamera: Federico Zanni. Schnitt: Eugenio Alabiso. Musik: Ennio Morricone. Darsteller: Tomas Milian, Henry Silva, Laura Belli, Gino Santercole, Anita Strindberg, Ray Lovelock.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih