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1975
Bilder © Red Code
*** Death Journey
fred williamson


Ex-Cop Jesse Crowder (Fred Williamson) soll für 25.000 US-Dollar einen wichtigen Zeugen der Staatsanwaltschaft von Los Angeles nach New York eskortieren. Der Gangster dessen Hals in der Schlinge steckt schickt als Gegenmaßnahme gleich eine Schar Killer los, die sich an Crowders Fersen heften.

Auf dem Dach eines Zuges hechten sechs Gestalten hintereinander her, darunter prangt unübersehbar eine Schusswaffe und man wird vom durchdringenden Blick eines Mannes mit Afrofrisur, Schnurrbart und Zigarillo im Mund fixiert. Das Filmposter deutet mal wieder auf mehr spektakuläre Action hin als sich tatsächlich in diesem Beitrag aus der Schmiede von Fred Williamson ereignet. Keine ungewöhnliche Maßnahme dieser Versuch sich nicht den Schneid abkaufen zu lassen von wesentlich teureren Studioproduktionen der 70er Jahre.

Williamson schlüpft nach "No Way Back" wieder in die Rolle des toughen Burschen Jesse Crowder (vorwiegend mit offenem Hemd zu sehen), der dank seiner unorthodoxen Vorgehensweise nicht mehr im Polizeidienst geduldet wurde und jetzt als Mann für besondere Fälle freiberuflich mit der Kanone unterwegs ist. Auf bekannte Darsteller, die seinen Weg kreuzen wird verzichtet, dafür gibt es zahlreiche willige Frauen, die dem rauen Charme des omnipotenten Helden in Sekunden erliegen. Ob blond, ob braun, Crowder liebt jede Frau ohne Verpflichtungen. Da macht es auch nichts, wenn das Zeitfenster von 48 Stunden immer mehr zusammenschmilzt und die Bösewichter wie Schießbudenfiguren immer und überall auftauchen.

Der flotter Einstieg in die Geschichte entpuppt sich zwar nicht als das Startsignal für eine atemraubende Hetzjagd quer durch die USA, doch Williamson bemüht sich trotz Mehrfachbelastung (Regie, Hauptdarsteller, Produzent) um eine abwechslungsreiche Szenenabfolge. Das gelingt aber nur bedingt, weil oft Situationen zu lange weiterlaufen auch wenn sie ihren Zweck der Informationsmitteilung an das Publikum längst erfüllt haben. Da der Film ohnehin nur 78 Minuten läuft wirkt das so als hätte Williamson an der falschen Stelle gespart oder zu wenige inszenatorische Einfälle gehabt, die sonst in bebilderter Form Eingang in die Geschichte gefunden hätten.

So hart wie mancher Blaxploitationvertreter der 70er Jahre inszeniert Williamsen seinen Dirty-Harry-Verschnitt aber nicht. Gewalt ist zwar vorhanden - vorwiegend dadurch, dass sich Crowder zielsicher durch Kugelgrüße wehrt und die Kampfszenen als Mix aus Karate, Judo und simpler Prügelei mit Hand und Fuß auch besser inszeniert sind als z.B. in "Mean Johnny Barrows". Der Eindruck besteht aber auch hier, dass sehr ökonomisch gearbeitet und nur die nötigsten Effekte verwendet wurden. Auch auf explizite Nacktszenen wird verzichtet, was bei den zahlreichen Affären von Ladies Man Crowder etwas überrascht. Williamson positioniert sich lieber in einer ewig langen Zeitlupensequenz als Karateschüler - einer etwas ungewöhnlich dezenten Art den Helden vorzustellen.

Komik gehört auch zu den Zutaten von "Death Journey". Allein schon die Besetzung von Bernard Kirby setzt einen optischen Reiz: Hier der große, muskulöse schwarze Mann mit dem ernsten Blick und auf der anderen Seite der kleine, dickliche, weiße, zittrige Bursche, der wie eine Zwergenversion von Larry David wirkt und sich bei der erstbesten Gelegenheit mit Schokoriegeln voll stopft. Richtig lustig ist Jesse Crowders Sidekick aber nun auch nicht und daher auch kaum erinnerungswürdig. Für Kirby war sein Debütauftritt auf jeden Fall einzigartig. Danach hat er keinen Film mehr gedreht.

"Death Journey" ist aber dennoch kein Langweiler, es wird ums Leben gerannt, es gibt Verfolgungen mit dem Auto und einen Zwischenfall im Zug, der allerdings nicht so spektakulär ist wie das Postermotiv vermuten lässt. Stattdessen grüßt James Bond. Alles nicht wirklich sehr abwechslungsreich oder ungewöhnlich aber ein selbstbewusster Fred Williamson mit seinen Sprüchen macht eben den Unterschied zu ähnlichen Independentproduktionen. Thematisch erinnert das Ganze sehr an die später gedrehten Thriller "Der Mann, der niemals aufgibt" (1977) mit Clint Eastwood, "Midnight Run" (1988) mit Robert DeNiro oder "16 Blocks" (2006) mit Bruce Willis. Alles Filme, die zwar weit mehr Geld als Williamsons Werk gekostet aber auch einen höheren Unterhaltungswert besitzen.

DVD (Code Red, NTSC, 78 min)

Die zweite DVD aus der Fred Williamson Signature Collection - Reihe des US-Labels Code Red liefert den Film im anamorphen Widescreenformat (2.35:1) und den englischen Ton in DD 2.0. Das Bild sieht recht gut aus (besser als bei "Mean Johnny Barrows"), beim Ton rauscht es stellenweise ein bisschen arg, insgesamt darf man aber sehr zufrieden sein mit dieser Präsentation eines 35 Jahre alten Films. Im moderierten Audiokommentar mit Fred Williamson gibt der 71-jährige Amerikaner wieder seine Ansichten zum Independentfilm der alten Zeit wieder, wie er sich die Gelder für seine Filme beschaffte und teilt viele andere interessante Anekdoten. Dazu mit Bild auch der zweite Teil des Interviews mit "The Hammer" (28 min) über seine Karriere. Teil 1 ist auf der "Mean Johnny Barrows"-Disc zu finden. Weitere Extras sind ein paar Trailer von Filmen der 70er, 80er-Jahre aus dem Katalog von Code Red.

Fred Williamson auf einem Roadtrip mit einer Horde Gangster im Schlepptau. Was will man mehr ? Ist zwar weniger abwechslungsreich als erhofft (auch beim Soundtrack werden praktisch nur zwei Songs recycelt) und hat seine inhaltlichen und inszenatorischen Defizite aber sieht man darüber hinweg dann gibt's dennoch ganz passables Independentkino. Für Genrefans.


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 14.08.2010

Die Todesreise

(Death Journey)

USA 1975. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 78 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 1976 (USA) . Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Fred Williamson. Buch: Abel Jones. Kamera: Robert Caramico. Schnitt: Gene Ruggiero. Musik: Anthony Shinault. Darsteller: Fred Williamson, Bernard Kirby, Heidi Dobbs, Stephanie Faulkner, D'Urville Martin, Tony Brubaker.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih