Alexandre Demarre (Albert Dupontel) heuert als Sicherheitsmann beim Geldtransportunternehmen „Vigilante“ an. Drei Überfälle mit neun Toten gab es in den letzten Monaten und das bevorstehende Weihnachtsgeschäft verspricht einen reichhaltigen Gabentisch ...

Acht Kilo schwere schusssichere Westen, veraltete Transportwagen, miese Bezahlung und die drohende Kündigung wegen Übernahme durch amerikanische Investoren. Eigentlich kein guter Zeitpunkt um in einen neuen Job einzusteigen, der zunächst nur auf einen Monat befristet ist. Regisseur Boukhrief (Off Limits – Wir sind das Gesetz) lässt den Zuschauer zunächst im Dunkeln was die von Albert Dupontel (Tage oder Stunden, Irreversibel) gespielte Hauptfigur antreibt. Ist er ein Cop, der Undercover ermittelt, ein Spion der Amerikaner, der die Kollegen bespitzeln soll oder einfach nur ein Adrenalinjunkie, der sich alsbald nach den gefährlichen Routen erkundigt um sich seinen Kick zu holen ? Das Fahrerteam nimmt ihn dennoch freundlich auf, man kifft während der Diensttour, nimmt den einen oder anderen Kunden auf den Arm. Nervosität zeigt nur der Neue während die einen lässig, die anderen abwehrbereit die Geldtouren fahren oder als Beifahrer gerne mal ein Nickerchen machen. Boukhrief, der zusammen mit Eric Besnard auch das Drehbuch schrieb, will den seiner Meinung nach zu unrecht vernachlässigten Berufszweig des Geldtransportfahrers einem breiterem Publikum vorstellen. Und so sind Actionszenen sparsam dosiert, denn der Alltag dieser Männer ist letztlich weniger aufregend als man glauben möchte.

So ist „Cash Truck“ zunächst eine detailierte Milieuschilderung mit einer Reihe interessanter weiterer Darsteller wie Francois Berleánd (Transporter-Reihe), Julien Boisselier (Henri 4, Kochen ist Chefsache) oder Jean Dujardin (39,90, OSS 117). Dujardin war zu der Zeit des Filmdrehs noch nicht der Kinostar Frankreichs, der er heute ist sondern landete erst 2005 mit der Komödie „Cool Waves – Brice de Nice“ seinen ersten Hit (4.3 Mio Zuschauer in Frankreich). 2012 gab es ja dann den Oscar als bester männlicher Hauptdarsteller für „The Artist“. Der Komödiant ist in „Cash Truck“ allerdings von einer anderen Seite zu sehen und seine Rolle schält sich im Verlauf der Handlung aus dem guten Darstellerensemble immer mehr heraus, gewinnt an Kontur und setzt Reizpunkte. Um das Mannschaftsgefühl zu stärken verordnete der Regisseur seinen Darstellern ein einwöchiges Karate-Trainingslager. Dupontel war nicht dabei, spielt er doch im Film den Neuling in der Gruppe. Sein eigenes Trainingsprogramm hat er aber schon durchgezogen, zeigt er doch in einigen wenigen Momenten, dass er physisch wieder in Topform ist (hat er auch in späteren Filmen wie „Chrysalis“ und „On theRun“ immer wieder demonstriert). Seine Darstellung besticht aber vornehmlich durch schauspielerische, emotionale Qualitäten. Demarre hat eine lange Narbe auf der Stirn, ein Hinweis auf nicht näher erklärte gesundheitliche Probleme, die er mit Mühe und Not vor den anderen verborgen hält, weil er ein Ziel verfolgt von dem er sich nicht abbringen lassen will.

Der amerikanisch-ungarische Regisseur Nimród Antal hat 2009 auch einen Film über Sicherheitsmänner im Geldtransportwagen gedreht. „Armored“ hieß der mit Laurence Fishburne, Jean Reno und Matt Dillon prominent besetzte Thriller, der mit offenen Karten und den Gelüsten der Angestellten auf eine Millionenbeute spielt, letztendlich sich aber kaum über den Durchschnitt des Ganovenkinos erheben kann. Auch „Cash Truck“ mag nicht ganz die große Begeisterung hervorrufen, weil nicht alles schlüssig erscheint was hier vor sich geht (die Szenen zwischen Demarre und der alleinstehenden Mutter eines Sohnes wirken planlos) und Boukhrief gegen den Trend auch mal lieber eine zusätzliche Erklärung weglässt. Da verlangt er höchste Aufmerksamkeit bei der Betrachtung der von Dominique Colin (Barcelona für ein Jahr) eingefangenen Bilder. Die Action beschränkt sich zudem auf nur zwei Szenen wobei einem insbesondere die letzten 20 Minuten kaltschnäuzig und gnadenlos vor den Latz geknallt werden.

An Spannung mangelt es etwas, der drohende Arbeitsplatzverlust durch Firmenübernahme wird dramaturgisch nur halbherzig abgehandelt, aber dank guter Besetzung ist „Cash Truck“ dennoch ein ansehnlicher Thriller.