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2009
Bilder © Universal
*** Brüno
larry charles

Der von seinem österreichischen Sender gefeuerte Fashion-Reporter Brüno will in den USA sein Glück versuchen und zum ersten gefeierten schwulen Weltstar aufsteigen. Doch nicht nur die Amerikaner kommen mit seiner Art nicht richtig klar.

"Borat" ist drei Jahren her. Jetzt ist das Erfolgsteam Larry Charles/ Sacha Baron Cohen wieder zurück um die Welt und insbesondere die Amerikaner mit gezielten Aktionen aus der Fassung zu bringen. Knapp 32 Millionen Zuschauer weltweit waren damals mit dabei. Die Erwartungen sind also hoch.

Nach Proll-Rapper und Möchtegern-Frauenschwarm Ali G und Borat Sagdiyev erweckt der britische Komiker Cohen (Sweeney Todd) mit dem schwulen Modefritzen Brüno nun also die dritte Figur seiner Sketchshows für die große Leinwand zum Leben. Und das heutige Thema bietet natürlich viele Möglichkeiten für derbe Späße, die konservative Gemüter zum Erhitzen bringen werden.

So witzig wie die Abenteuer des kasachischen Außenreporters ist Cohens neuer Film allerdings nicht, werden doch zahlreiche bekannte Schwulengags und - klischees aufgewärmt und dem Zuschauer unerbittlich und exzessiv vorgeführt. Da gibt es z.B. den asiatischen Sexsklaven, der sich Brünos Spielarten auch in der Öffentlichkeit unterwerfen muss. Oder den Assistenten Lutz (Gustav Hammersten, Verschwörung im Berlin-Express), der treu-verliebt alles dafür tut, damit Brüno in den USA erfolgreich wird.

Die Trefferquote bei den Gags ist durchwachsen, manches ist kindisch-derb, manches schockierend, und manches wirkt einfach nur ungeheuerlich überzogen. Wieviel davon wirklich ohne Wissen der Beteiligten abgelaufen ist muss man sich da schon fragen, denn bei einigen der episodenhaft vorgetragenen Eskapaden Brünos mag man nicht an die Dummheit der Menschen glauben. Und da die Kameras meist offen sichtbar sind und Bilder nicht nur aus dem Hinterhalt geschossen werden sollten sich die Betroffenen wohl bewusst sein, dass sie hier beobachtet werden.

Cohens Verhalten provoziert und ist dabei wieder auch eine unkonventionelle Art der Sozialkritik, ein Test wie Vertreter verschiedener bürgerlicher Schichten auf ein unbequemes Thema reagieren: Homosexualität. Dass Cohen hier nicht sensibel vorgeht ist klar, so baggert er z.B. einen älteren Politiker, der Präsidentschaftskandidat 2008 war, hemmungslos an, bis der fassungslos flüchtet.

Oder Brüno konfrontiert eine Sichtungsgruppe, die sein Konzept für eine neue US-TV-Show bewerten muss, mit nackten Tatsachen (u.a. männliche Geschlechtsteile) was für sichtliche Irritationen und geistiges Erbrechen sorgt. Das wirkt dann noch realistisch und man kann sich ebenso vorstellen wie karrieregeil Mütter sind und ihre Babys wie Sauerbier anbieten, ganz egal in welchem Kontext ihre Kinder in Werbespots auftreten sollen. Haarsträubend !

Ebenso gelungen ist Brünos Auftritt als alleinerziehender Adoptivvater eines afrikanischen Babys. Das hat er in einer vorigen Sequenz am Flughafen aus einem Karton vom Gepäckband geholt. Jetzt sitzt er in einer der bekannten US-Krawall-Talkshows à la Jerry Springer und schockt mit Afrikababy auf dem Schoß ein vorwiegend afroamerikanisches Publikum. Was Angelina und Madonna schick finden, kann Brüno schon lange, denkt sich der österreichische Fashioncowboy.

Alle Episoden sind eingepackt zwischen die schwelende Liebesgeschichte von Brüno und Lutz und im Pseudo-Dokustil aufbereitet. Eine Machart, die nicht neu ist. So wirkt der Film dann fast schon wie eine gefakte Reality- Läuterungsshow ohne Erfolgschancen, denn wie engagiert Brüno versucht seine sexuelle Orientiertung zu ändern, nachdem er einsehen musste, dass man in den USA nicht als Schwuler zum Star wird, ist schon sehenswert. Auf dem Hetero-Programm steht dann Militär und Wildjagd. Männersachen eben.

Auch besucht er eine Swingergemeinde um Informationen über Heterosex zu sammeln und lässt sich gleich von einer vollbusigen Bodybuilder-Domina mit dem Gürtel auspeitschen. Da tut einem Cohen fast schon ein wenig Leid. In der Regel sind es aber seine Gesprächspartner, die vorgeführt werden oder sich selbst und ihre Engstirnigkeit bloßstellen, wie auch jener Mann, der erläutert wie man sein Schwulsein abschütteln kann um wieder "normal" zu werden oder ein Selbstverteidigungstrainer, der Brüno zeigt, wie man sich gegen Dildoangriffe wehrt.

Außer Fashionwelt- Prominenz zu Beginn ist der Bekanntheitsgrad von Cohens Opfern eher gering. Paula Abdul, Jurorin bei "American Idol" ergreift die Flucht nachdem sie sich schon blamiert hat, Harrison Ford raunzt nur ein "Fuck Off" in die Kameras. Aber Cohen hatte ja schon als Borat vorwiegend den amerikanischen Durchschnittsbürger im Visier. Bei seiner Suche nach Ruhm und homophoben Spießbürgern reist er als Brüno sogar in den Nahen Osten um mit Terroristen zu verhandeln und sich kidnappen zu lassen !

Über ein ganzes Jahr verteilt drehte man insgesamt 19 Wochen in Amerika, Europa sowie in Jordanien und Israel um die vielen skurrilen Situationen mit der Kamera einzufangen. Regisseur Larry Charles war ja bereits für seine satirische Religionsdoku "Religuluous" mit Bill Maher viel unterwegs. Charles machte sich in den 90ern einen Namen als Produzent und Autor von TV-Sitcoms wie "Seinfeld" und "Mad About You". Sein Regiedebüt gab er 2003 mit dem Bob-Dylan-Film "Masked and Anonymous". Außerdem produziert er Larry Davids "Curb your Enthusiasm".

Mit Hit & Miss kann man die Gagepisoden von Sacha Baron Cohen als schwuler Fashionreporter nur bezeichnen. Vieles landet unter der Gürtellinie, bei manchen Aktionen erkennt man kluge Satire, und manchmal ist man auch nur perplex, wie politisch unkorrekt der britische Komiker bei seiner Mission vorgeht. Langweilig ist diese schamlose Attacke zwar nicht aber eben doch Geschmackssache. Bei "Borat" und "Religuluous" konnte man allerdings intelligenteren Witz beobachten.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 13.07.2009

Brüno

USA 2009. Länge: 84 Min. Bildverhältnis: 1.85:1 Kinostart: 10.07.2009 (USA) 09.07.2009 (D). Budget: - Einspiel: - Regie: Larry Charles . Buch: Sacha Baron Cohen, Peter Baynham, Anthony Hines, Dan Mazer. Screenplay: Sacha Baron Cohen, Anthony Hines, Dan Mazer, Jeff Schaffer. Kamera: Anthony Hardwick, Wolfgang Held. Schnitt: Scott M. Davids, James Thomas. Musik: Erran Baron Cohen. Darsteller: Sacha Baron Cohen, Gustaf Hammarsten, Clifford Bañagale, Chibundu Orukwowu, Josh Meyers
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih