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2007
Bilder © Delphi Film
**** Bis zum Ellenbogen
justus von dohnányi


Drei unterschiedliche Menschen treffen sich, wie das Schicksal und der Zufall so wollen, in den Schweizer Bergen. Sven (Justus von Dohnányi), ein Bankangestellter von Sylt, Achim (Jan Josef Liefers), Juniorpartner in einer Reederei in Hamburg und der arbeitslose Elektriker Willi (Stefan Kurt) aus einem Dorf bei Stuttgart. Während Sven beide zum Bleiben auf seiner Hütte einlädt und sich über Gesellschaft freut haben die anderen beiden Schwierigkeiten sich anzufreunden. Doch als bei einem Unglück Sven das Zeitliche segnet beschließen Achim und Willi nicht ohne Eigennutz den Wunsch von Sven zu erfüllen: eine Seebestattung in Sylt "am Ellenbogen", der nördlichste Landesstelle Deutschlands.

Was als leichte (Heimatfilm-)Komödie mit unterschiedlich tickenden Protagonisten und der Herausarbeitung von Stimmungen und Ansichten vom Leben beginnt entwickelt sich nach dem tragischen Unfall im Suff zum schwarzhumorigen Roadmovie mit einer Aneinanderreihung von skurrilen Vorfällen, die angenehm überraschen. Sind die Anleihen an Vorbilder wie ‚Immer Ärger mit Bernie' (1989) oder ‚Guantanamera - Eine Leiche auf Reisen' (1995) offensichtlich, so schafft es der Schauspieler/Drehbuchschreiber Justus von Dohnányi trotzdem mit seinem Regiedebüt gut zu unterhalten, was vor allem an dem Zusammenspiel von Kurt und Liefers liegt. Insbesondere die Figur vom Schweizer Stefan Kurt als erfindungsreicher Schwabe ohne Dialekt überzeugt durch seine Impulsivität und unvorhersehbaren Aktionen. Dass nun eine seiner meist unnützen Erfindungen einen Mitmenschen das Leben gekostet hat verbreitet in ihm starke Panik und Orientierungslosigkeit, die nur durch die Besonnenheit von Großkotz Achim abgefangen werden kann.

Kurt wurde 1996 im deutschen Fernsehen schlagartig durch Dieter Wedels 5-Teiler ‚Der Schattenmann' bekannt in dem er einen Undercover-Polizisten spielte, der sich zu sehr mit dem luxuriösen Unterwelt-Leben anfreundete. Rollen u.a. in großen TV-Produktionen wie Oliver Storz' ‚Gegen Ende der Nacht' (1998), der Mini-Serie ‚Die Affäre Semmeling' (2002) und Dani Levys ‚Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler' (2007) folgten. Der vielseitige Schauspieler war zuletzt im Kino in einer Nebenrolle im preisgekrönten ‚Vier Minuten' (2006) zu sehen. Der Gegenpol des zum Jähzorn neigenden Willi ist der dank Schwiegerpapa gutsituierte Achim, der auch gerne mal in die Firmenkasse greift. Das Aufeinandertreffen wird im Film an einer Stelle sarkastisch mit ‚Mittelschicht trifft Bodensatz' kommentiert. Jan Josef Liefers ist nach vielen Jahren TV-Alltag (u.a. für den ARD-Tatort) und sogenannten TV-Event-Movies (z.B. ‚Untergang der Pamir', ‚Die Sturmflut') nach dem Kinoflop ‚666 -Traue keinem mit dem Du schläfst' (2002) jetzt zum ersten Mal wieder auf der großen Leinwand zu sehen.

Auf Liefers aufmerksam wurde man 1995 durch die ARD-Vorabendserie ‚Die Partner', in der er einen lässigen Privatschnüffler spielte. Seine großen Kinoerfolge folgten zwei Jahre später mit ‚Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schläft' und ‚Knocking on Heaven's Door'. Ist Liefers Rolle zunächst als überheblicher, arroganter Wichtigtuer angelegt verliert er leider allzu schnell seinen Biss so dass der anfängliche Reiz des Gegeneinanders und das Konfliktpotential schnell wegfällt bzw. entschärft wird. Als Zuschauer muss man sich dann andere Interessenspunkte suchen. Die liefert von Dohnányi in dem er die komischen Aspekte, die ein Reise mit einer Leiche durch die Bundesrepublik so bietet, in den Vordergrund stellt wobei er selbst in Person als Leiche so manche ‚Verunstaltungen' und ‚Erhaltungsprozeduren' über sich ergehen lassen muss. Dass die Handlung des Films zur Zeit der Fußball-WM 2006 angelegt ist sorgt für eine nette Erinnerung an vergangene schöne Tage und wird an der Deutsch-Schweizer-Grenze auch punktgenau für eine Pointe und eine gehörige Dosis Slapstick verwendet.

Der Weg Richtung Sylt bietet von Dohnányi auch Gelegenheit bekannte TV-Gesichter in amüsanten Kurzauftritten mit in die Geschichte einzubinden - Oscar O. Sanchez (TV's ‚Alles über Anna') als Kellner, Devid Striesow (Yella, 2007) als Svens unausstehlicher Bankchef oder Antoine Monot Jr. mit dem von Dohnányi in ‚Das Experiment' (2001) zusammen spielte. Monot Jr. sorgt dabei für eine der vielen witzigen Szenen, wenn er als grantiger Hausvermieter von Willi die Heckenschere zweckentfremdet verwendet. Nur auf frische, unverbrauchte Elemente zurückzugreifen funktioniert wie eingangs erwähnt nicht. Wie auch in den anderen thematisch ähnlich gelagerten filmischen Beiträgen macht der tote Körper erwartungsgemäß so seine Probleme (Stichwort: Gasentweichung). Über manche Unstimmigkeit im Handlungsverlauf, Vereinfachung und den Mangel an Detailgenauigkeit sollte man hinwegsehen, wenn z.B. eine erkennbar halbleere Mülltonne ohne Torso durch die Straßen geschoben wird, eine Leiche munter ein- und ausatmet oder eine in grellweiß getauchte ‚Schwarzgeld'-Szene von der Leinwand strahlt. Es mag die Unerfahrenheit des Regisseurs und/oder ein knappes Budget als Ursache herhalten trotzdem darf man dieses Regiedebüt zu den gelungenen deutschen Produktionen 2007 zählen.

‚Bis zum Ellenbogen' ist unterhaltsame Kost aus Deutschland, die sich mit einer ‚Was-tun-mit-der-Leiche'-Ausgangssituation beschäftigt. Hat man zwar so ähnlich schon gesehen, durch interessante Einfälle und Lokalkolorit wird aber das Interesse am Film durchgängig am Leben erhalten. Der humorvolle Grundton des Films wird zudem gut durch die Schauspieler transportiert. Und was lernt man? Schwäbischer Erfindergeist kann tödlich sein!

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 04.09.2007

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih